Die Struktur des Phaeton-Mythos
Ov.Met. I, 747-779; II, 1-400
747-764 |
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18 |
Kamerad bestreitet Ph's
göttliche Abkunft, Ph. bittet Mutter um Auskunft |
765-779 |
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15 |
Beteuerung der Mutter, Aufforderung
Sol aufzusuchen |
1-18 |
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18 |
Palast des Sol |
19-48 |
193 |
30 |
Begegnung von Vater und
Sohn, Bitte Phaetons |
49-104 |
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56 |
Reue des Vaters, 1.
Rede und Beharren des Sohnes |
105-160 |
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56 |
Vorbereitung auf Fahrt,
2. Rede Sols und Abfahrt |
161-209 |
49 |
49 |
Verhalten der
Pferde, Phaetons und der Himmelskörper |
210-271 |
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62 |
Auswirkungen auf die
Erde I,II, Situation Phaetons |
272-303 |
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32 |
Klage der Tellus mit
Rede |
304-328 |
191 |
25 |
Jupiters Strafe,
Pferde, Sturz Phaetons und Grab |
329-366 |
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38 |
Trauer des Vaters und
der Mutter, Verwandlung der Schwestern |
367-380 |
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14 |
Verwandlung des Cygnus |
381-400 |
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20 |
Trauer Sols, Jupiter's
Aufforderung, den Dienst fortzusetzen |
Die
Erzählung weist einen konzentrischen (433 Z.) und. symmetrischen (400 Z.)
Aufbau in numerischer und inhaltlicher Hinsicht auf. Sie besitzt zwei Anfänge
(Ende erstes Buch, Beginn zweites Buch) mit jeweils gleicher Zeilenzahl (18
Z.). Anfang und Ende sind einander in Rahmenfunktion (18+20 ,
15+14 = 33+34) zugeordnet.
Die Erzählmitte beschreibt die
Fahrt des Sonnenwagens (161-209) in thematisch drei konzentrischen
Kreisen, die sich um ein Zentrum von 15 Zeilen gruppieren. Sowohl in konzentrischer
als auch in Rahmenfunktion (8+9) ergibt sich die Zahl 17.
161-168 |
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8 |
Pferde merken leichtes Gewicht des Wagens und verlassen gewohnte Bahn |
169-170 |
17 |
2 |
Phaetons
Erschrecken und Hilflosigkeit |
171-177 |
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7 |
Auswirkung der
Bahnabweichung auf Sternbilder |
178-192 |
15 |
Phaetons
Hilflosigkeit und Ratlosigkeit |
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193-197 |
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5 |
bedrohliche
Sternbilder |
198-200 |
17 |
3 |
Phaeton läßt die Zügel
fahren |
201-209 |
|
9 |
Pferde geraten völlig
außer Kontrolle |
Zu Beginn des Erzählmittelpunktes
(178) befindet sich der Sonnenwagen auf dem Zenith der Fahrt (summo aethere despexit). Die schwindelnde Höhe versetzt Phaeton in Schrecken
und er bereut seinen Ehrgeiz, zu dem er sich aufgrund seiner Herkunft hat
hinreißen lassen (183-184). Es würde ihm nun genügen, ein Sohn des Merops zu
heißen. Da "merops" als griechisches Adjektiv "sterblich"
bedeutet, erkennt Phaeton an, daß er sich nichts anmaßen darf, was über die
Möglichkeiten eines sterblichen Menschen hinausgeht.
Die Zeile 184 bildet die Mittelachse
der 433 Verse. Sie offenbart die Diskrepanz zwischen dem, was der Mensch ist
und wozu er sich in seiner Anmaßung versteigt. Die Selbsterkenntnis Phaetons
vermag jedoch den Lauf des Schicksals nicht mehr aufzuhalten (eingeleitet durch
den Vergleich in Z.184-186). Eine Zeitlang überlegt er noch, was er tun kann (quid faciat? Z.187), aber von den Sternbildern erschreckt, gibt
er die Lenkung der Pferde preis. Dies geschieht in Vers 200, der letzten Zeile
des ersten Teils von 400 Zeilen im 2. Buch. Von da an geht es in rasender Fahrt
in die Tiefe der zweiten Tageshälfte. Wie im ersten Teil der Fahrt die Pferde
zu hoch steigen, so nähern sie sich im zweiten zu sehr der Erde, wo es zu einer
Katastrophe kommt.
Die 15 Zeilen des Zentrums sind
untergliedert in 4:5:6 Zeilen. Dadurch wird Vers 184 zur Mittelachse der 5-er
Gruppe, während Vers 185 die Mittelachse der gesamten 15 Zeilen darstellt.
Diese zweite Achse führt den Vergleich fort, der in der vorherigen Zeile
eingeleitet wurde. Zeile 184 ist mit den beiden ersten Zeilen durch
anaphorisches "iam" und mit den letzten Zeilen durch
zeilenübergreifende Hyperbata (acta, victa) verbunden.
(182) et iam
mallet equos numquam tetigisse paternos,
(183) iam cognosse genus piget et valuisse rogando,
(184) iam Meropis dici cupiens ita fertur, ut acta
(185) praecipiti pinus borea, cui victa remisit
(186) frena suus rector, quam dis votisque reliquit.
Und schon wollte er lieber, er hätte nie die
väterlichen Pferde berührt,
schon reut es ihn, seine Abkunft erfahren und
mit seiner Bitte Erfolg gehabt zu haben,
schon
wird er, während er wünscht, <Sohn> des Merops genannt zu werden, so
fortgetragen wie
ein vom heftigen Nordwind getriebenes Schiff,
dem sein Steuermann die besiegten Zügel losgelassen hat (= dessen Steuermann
das Ruder, das er nicht mehr halten kann, losgelassen hat)
und das er den Göttern und den Gebeten überlassen hat.