Die
Begriffe "Schwule und Lesben" auf dem Homosexuellen-Mahnmal in Berlin
eine sprachliche Erpressung
I. Text
III. Erpreßbarkeit
des Staates durch Wertenthaltung
I. Text
1 Erloschener externer Link ist grau unterlegt.
Am 27.5.2008 wurde
durch die Bundesregierung das Mahnmal für im Nationlsozialismus verfolgte
Homosexuelle der Öffentlichkeit übergeben. Die Gedenktafel auf dieser Stele hat
folgenden Wortlaut:
"Im nationalsozialistischen
Deutschland fand eine Homosexuellen-Verfolgung ohne gleichen
in der Geschichte statt. 1935 ordneten die Nationalsozialisten die umfassende
Kriminalisierung männlicher Homosexualität an. Dazu wurden die im Paragraf 175
des Strafgesetzbuches vorgesehenen Bestimmungen gegen homosexuelles Verhalten
erheblich verschärft und ausgeweitet. Bereits ein Kuss unter Männern konnte nun
zu Verfolgung führen. Paragraf 175 bedeutete Gefängnis oder Zuchthaus. Es gab
über 50.000 Verurteilungen. Teilweise konnten die NS-Behörden die Kastration
Verurteilter erzwingen. Mehrere tausend Schwule wurden wegen ihrer Homosexualität in
Konzentrationslager verschleppt. Ein großer Teil von ihnen überlebte die Lager
nicht. Sie starben aufgrund von Hunger, Krankheiten und Misshandlungen oder
wurden Opfer gezielter Mordaktionen.
Die Nationalsozialisten haben die Lebenswelten von Schwule und Lesben zerschlagen. Weibliche Homosexualität wurde
– außer im annektierten Österreich – nicht strafrechtlich verfolgt. Sie galt
den Nationalsozialisten als weniger bedrohlich. Gerieten lesbische Frauen dennoch
in Konflikt mit dem Regime, waren auch sie Repressionen ausgesetzt. Schwule und Lesben lebten in der NS-Zeit eingeschüchtert und
unter stetem Zwang zur Tarnung.
Lange Zeit blieben die homosexuellen Opfer des
Nationalsozialismus aus der Gedenkkultur ausgeschlossen – in der Bundesrepublik
wie in der DDR. Hier wie dort wurden Schwule lange Zeit weiter strafrechtlich
verfolgt. In der Bundesrepublik Deutschland galt der Paragraf 175 unverändert
bis 1969 fort.
Aus seiner Geschichte heraus hat Deutschland eine besondere
Verantwortung, Menschenrechtsverletzungen gegenüber Schwulen und Lesben entschieden entgegenzutreten. In vielen
Teilen dieser Welt werden Menschen wegen ihrer sexuellen Identität heute noch verfolgt, ist homosexuelle Liebe
strafbar und kann ein Kuss Gefahr bedeuten.
Mit diesem Denkmal will die Bundesrepublik Deutschland die
verfolgten und ermordeten Opfer ehren, die Erinnerung an das Unrecht wach
halten und ein beständiges Zeichen gegen Intoleranz, Feindseligkeit und
Ausgrenzung gegenüber Schwulen und Lesben setzen."
Der von der Bundesregierung verantwortete Text verwendet "Schwule
und Lesben" als amtliche Begriffe zur Unterscheidung homosexueller Männer
und Frauen. Es zeigt sich darin der bemerkenswerte Vorgang, wie durch die
Insistenz einer gesellschaftlichen Randgruppe die Sprachgemeinschaft gezwungen
wird, Begriffe des Unnormalen als normal, Negatives als positiv auszugeben. Die
sprachlichen Zusammenhänge verdienen differenziert untersucht zu werden.
1.
Das Adjektiv homosexuell bezeichnet beide Geschlechter, das
Adjektiv lesbisch nur gleichgeschlechtliche Beziehungen
zwischen Frauen.
2.
Das Adjektiv lesbisch kann als begrifflich neutral gelten. Es leitet
sich von der Insel Lesbos her, wo die Dichterin Sappho im 6. Jh. v.Chr.
vornehme Mädchen erzog und ihre Beziehungen zu ihnen in Gedichten ausdrückte.
Das
Substantiv Lesbe hingegen ist im Sprachgebrauch des
Normalbürgers weniger als wertneutral, sonder eher als wertabsprechend
(abfällig) anzusehen.
3.
Dem Adjektiv lesbisch entspricht
kein wertneutraler (denotativer) Begriff für "männlich homosexuell".
Als Pendant zu lesbisch
übernahm die Homosexuellen-Bewegung den bereits existierenden verächtlichen
(konnotativen) Begriff schwul.
4.
Das Adjektiv homosexuell verbindet sich länger mit der Vorstellung
männlicher Homosexualität. Ebenso eignet es sich als Substantiv besser für
Männer als für Frauen: Normal klingt etwa "Er ist ein Homosexueller",
eher ungewöhnlich "Sie ist eine Homosexuelle". Die Assoziation zu
lateinisch homo – Mensch, Mann mag
hier einen konnotativen Einfluß haben.
Der
Plural Homosexuelle umfaßt zwar beide
Geschlechter, berücksichtigt aber zu wenig das zahlenmäßig geringer vertretene
weibliche Geschlecht.
1.
Das Adjektiv schwul wurde laut Duden (Herkunftswörterbuch 1963) im 17.
Jh. aus dem Niederdeutschen ins Hochdeutsche übernommen und im 18. Jh. –
vielleicht parallel zu kühl – zu schwül umgelautet. Seine Bedeutung
ist "drückend heiß".
Schwüles Wetter wird allgemein als ein unangenehmer
Zwischenzustand empfunden, dessen Beendigung man sich in Form eines
"reinigenden Gewitters" herbeiwünscht. Seit dem 19. Jahrhundert wird schwul als mißbilligender Begriff für homosexuell
verwendet. Man assoziierte also mit homosexuell einen Triebzustand, der keine
wirkliche Befreiung erfährt, sondern einen Dauerzustand darstellt. Wie schwüles
Wetter wurde also Homosexualität als unnatürlich empfunden.
2.
Im Englischen okkupierten die männlichen Homosexuellen das
Adjektiv gay – fröhlich als
Selbstbezeichnung und kreiierten hiermit einen Euphemismus, der ihnen
Glückserfüllung suggeriert. (Daß gay in
seiner ursprünglichen Bedeutung nicht mehr unbelastet verwendet werden kann,
zeigt sich darin, daß heutige zweisprachige Lexika "schwul" als erste
Bedeutung angeben, während die Formen gailly und gaiety davon noch unberührt erscheinen.)
Deutsche Homosexuelle hingegen machen eine abwertende
Fremdbezeichnung zu einer Selbstbezeichnung, die sie hartnäckig ins Positive
umdeuten. Aber die Sprache selbst widerlegt ihren Anspruch auf Normalität.
3.
Die Erfahrung, daß man zu zweit
stärker ist als allein und größere Akzeptanz beanspruchen kann, hat die
Verfechter homosexueller "Identität"
veranlaßt, für den männlichen und weiblichen Zweig der Bewegung adjektivische
und substantivische Begriffspaare zu schaffen.
4.
Die Standardsprache bietet für
die Selbstbezeichnungen der Homosexuellen-Bewegung keine parallelen
Begriffspaare. Diese Tatsache und der unentwegte Anspruch der Homosexuellen auf
alternative "sexuelle Orientierung" führten zur Umwandlung von
Selbstbezeichnungen in Standardbegriffe.
5.
Kein Benutzer der deutschen
Sprache ist feilich gezwungen, die Begriffe "Schwule und Lesben" in
einem sachlichen Zusammenhang zu verwenden, ebenso wie es jedem unbenommen ist,
sie so zu gebrauchen, daß daraus die persönliche Auffassung von Homosexualität
als Abweichung von der Norm erkennbar wird.
Warum aber läßt sich die Bundesregierung durch die
Homosexuellen-Bewegung instrumentalisieren, deren Selbstbezeichnungen als
sachliche Begriffssprache zu verwenden?
III. Erpreßbarkeit durch Wertenthaltung
1.
Heutige Politiker vertreten
generell die Auffassung, der Staat sei zu weltanschaulicher Neutralität
verpflichtet, seine Aufgabe bestehe in erster Linie darin,
"Rahmenbedingungen" zu schaffen, die nach individueller Entscheidung
ausgefüllt werden können und müssen. Inwiefern diese Auffassung dem Wesen des
Staates gerecht wird, ist eine andere, hier nicht zu erörtende Frage.
2.
Weltanschauliche Neutralität
impliziert Enthaltung von Werturteilen. In der Tat, staatliche Ordnung hat den
verschiedensten gesellschaftlichen Gegebenheiten Rechnung zu tragen, darunter
auch solchen, die von der Sittennorm der Mehrheit abweichen, wie z.B.
Abtreibung, Prostitution, Homosexualität. Ihr derzeitiges Bestreben ist, Abweichung
von der Norm nicht auszugrenzen, sondern durch gesetzliche Regelungen in das
Gefüge der Gesellschaft einzubinden und so Formen der Diskriminierung zu
überwinden.
Nun hat
aber der Druck der Homosexuellen-Bewegung bewirkt, daß Homosexualität nicht mehr
als Abweichung von der Norm betrachtet werden darf, sondern als alternative
Geschlechtsorientierung zu gelten hat. Bekanntlich wurde in der USA 1973
Homosexualität aus der Liste psychischer Krankheiten gestrichen. Wer sie
dennoch als Abweichung von der Norm aufrecht erhält, zieht sich nicht nur den
erbitterten Vorwurf der Diskriminierung zu, sondern muß zunehmend
strafrechtliche Folgen fürchten. Als diskriminierend gilt in konsequenter
Weiterführung jeder, der sich der Sprachregelung der Homosexuellen-Bewegung zu
entziehen versucht. Auf diese Weise hat sich die Bundesregierung erpreßbar
gemacht. Den durch seine Grundbedeutung negativ definierten Begriff schwul als sachlichen Terminus verwenden zu sollen, kommt
einer sprachlichen Vergewaltigung gleich, einer Kröte, die man schluckt, ohne
sich etwas anmerken zu lassen.
3.
Der Bundesregierung ist nicht
leicht zu raten, wie sie anders verfahren könnte. Da Psychotherapeuten
mehrheitlich die Eigendefinitionen der homesexuellen Aktivisten übernommen
haben, würden parlamentarische Anhörungen über den wissenschaftlichen Stand der
Homosexualität keine objektiven Ergebnisse bringen.
Eine
Minorität von Therapeuten, die frühere Erkenntnisse über Homosexualität nicht
als gegenstandslos betrachten, assozieren sie unter anderem mit mißlungener
Identitätsbildung im Elternhaus. Von diesem Gesichtspunkt müßten homosexuell
veranlagte Menschen auch von staatswegen ermutigt werden, gesetzlich
finanzierte Beratungsstellen aufzusuchen, die zur Indentitätsfindung beitragen
können. Eine solche Sichtweise steht jedoch gegenwärtiger Auffassung von
individueller Selbstbestimmung und autonomer Moral schier unüberwindlich
entgegen.
Erstellt: Juni 2008