JESUS PREIST DIE VOLLKOMMENHEIT MARIAS

Kap.8

 

Zu Beginn dieses Kapitels lädt Jesus die Seherin M. Valtorta ein, seine Mutter, das Meisterwerk Gottes, mit innerer Begeisterung zu betrachten. Er beantwortet in diesem längeren Text wesentliche heilsgeschichtliche und theologische Fragen. Der Inhalt gliedert sich etwa in folgende Teile:

I.        Jesus zitiert die Verse 8,22-31 aus dem Buch der Sprüche und bezieht sie auf Maria. Das Wort "besitzen" bedeutet hier etwa: Gott schuf Maria, um sich an ihr unaufhörlich zu freuen. In diesem Sinn besitzen auch die Gläubigen Maria, die unablässig für sie wirkt.

II.      Jesus beantwortet die Frage, warum Gott den Menschen erschuf, obwohl er vorauswußte, daß er sündigen und der göttlichen Gnade verlustig gehen würde: Der Mensch sollte erkennen, daß Gott die Vielgestaltigkeit und Schönheit der Welt für ihn schuf, damit er sich daran erfreue, ihm danke und an seiner Weisheit teilhabe.

III.   In seiner Voraussicht des Sündenfalls bestimmte Gott, daß die zweite göttliche Person, das WORT, zur Wiedergutmachung der Schuld Mensch werden sollte. Dazu wurde die Jungfrau Maria "im erhabenen Gedanken Gottes" geschaffen. Diesem vollkommenen Menschenkind legte Gott seine Schöpfung gewissermaßen wie ein Spielzeug zu Füßen. Mit Maria wird der Sohn Gottes "Vergeltung üben an Satan".

IV.     Das erste Menschenpaar war nach dem "vollkommenen Gesetz der Liebe" geschaffen. Jesus beantwortet die Frage, was geschehen wäre, wenn der Mensch sich von Satan nicht hätte verführen lassen. Er verweist dabei auf das Gesetz der Fortpflanzung, wie es den Pflanzen und Tieren gegeben wurde. Den Kontrast dazu bilden die abartigen Verhaltensweisen der Menschen. Hätte der Mensch nicht gesündigt, wären Geburten schmerzlos verlaufen.

V.       In direkter Anrede (Redefigur der Apostrophé) hält Jesus Satan triumphierend vor Augen, daß Maria ihn besiegt hat. Alle, die sich an Maria wenden, wird sie vor Satan beschützen.

VI.     In Maria hat Gott die Heilsgeschichte zur verlorengegangenen Vollkommenheit zurückgeführt. Sie wurde ohne die Narbe der Erbschuld empfangen.

Jesus spricht:

«Steh auf und beeile dich, kleine Freundin! Ich habe ein brennendes Verlangen, dich mit mir in das paradiesische Blau der Betrachtung der Jungfräulichkeit Marias zu führen. Du wirst daraus hervorgehen mit einem Geist voller Licht und betrachtend dich versenken in das Meisterwerk Gottes. Du wirst begreifen, wie groß die Liebe Gottes ist. Von der Empfängnis Marias, der Makellosen, sprechen will heißen: untertauchen im Himmelsblau, im Licht, in der Liebe. Komm und lies ihre Herrlichkeiten im Buch des Vorfahren!

I.

"Der Herr schuf mich, seines Waltens Erstling, als Anfang seiner Werke, vorlängst. Von Ewigkeit her bin ich gebildet, von Anbeginn, vor dem Ursprung der Welt. Noch ehe die Meere waren, ward ich geboren, noch vor den Quellen, reich an Wasser. Bevor die Berge eingesenkt wurden, vor den Hügeln ward ich geboren, ehe er die Erde gemacht und die Fluren und die ersten Schollen des Erdreichs. Als er den Himmel baute, war ich dabei, als er das Gewölbe absteckte über der Urflut, als er die Wolken droben befestigte und die Quellen der Urflut stark machte, als er dem Meer seine Schranke setzte, daß die Wasser seinem Befehle gehorchten, als er die Grundfesten der Erde legte, da war ich als Liebling ihm zur Seite, war lauter Entzücken Tag für Tag und spielte vor ihm allezeit, spielte auf seinem Erdenrund und hatte mein Ergötzen an den Menschenkindern." (Spr 8,22-31)

Ihr habt diese Worte auf die Weisheit bezogen, aber sie sprechen von ihr: der schönen Mutter, der heiligen Mutter, der jungfräulichen Mutter der Weisheit, die ich bin, der ich mit dir rede. Ich wollte, daß du den ersten Vers dieses Hymnus, der von ihr spricht, an den Anfang des Buches setztest, damit man erkennt und anerkennt, daß sie der Trost und der Ruhm Gottes, die Ursache der beständigen, vollkommenen und innigen Freude dieses Dreieinigen Gottes ist, der euch regiert und liebt und dem der Mensch so viel Anlaß zur Traurigkeit gibt; sie ist der Grund, weshalb er das Menschengeschlecht weiter bestehen ließ, damals, als es nach der ersten Prüfung verdiente, vernichtet zu werden; sie ist der Grund der Vergebung, die ihr erhalten habt.

Maria haben, um von ihr geliebt zu werden! Oh, es lohnte sich, den Menschen zu erschaffen, ihn leben zu lassen und ihm zu verzeihen, um die schöne Jungfrau, die heilige Jungfrau, die unbefleckte Jungfrau, die von der Liebe erfüllte Jungfrau, die geliebte Tochter, die reinste Mutter, die zärtliche Braut zu besitzen! So viel hat Gott und noch viel mehr hätte er euch gegeben, nur um das Geschöpf seines Entzückens, die Sonne seiner Sonne, die Blume seines Gartens zu besitzen. Und immer wieder fährt er fort, euch ihretwegen zu beschenken, auf ihre Bitten hin, zu ihrer Freude, weil ihre Freude sich vereinigt mit der Freude Gottes und sie erhöht mit dem funkelnden Glanz, der das große Licht des Paradieses erfüllt. (...)

II.

Gott wollte dem Universum, das er aus dem Nichts erschaffen hatte, einen König geben; einen König, der das oberste Wesen sein sollte unter allen aus der Materie erschaffenen und selbst materiellen Wesen; einen König, der etwas weniger als göttlich sein sollte in seiner geistigen Natur, vereinigt in seiner Unschuld mit der Gnade wie am ersten Tag. Doch der höchste Geist, der alles, was in den fernsten Zeiten geschieht, kennt; der unmittelbar alles weiß, was war, was ist und was sein wird; der, während er das Vergangene betrachtet und die Gegenwart beobachtet, seinen Blick auch auf die fernste Zukunft richtet; der weiß, welchen Todes der letzte Mensch sterben wird – und das alles ohne Verwirrung und Unterbrechung – : dieser höchste Geist wußte stets, daß der von ihm vorhergesehene und erschaffene König, der zu seiner Seite im Himmel halb-göttlich sein sollte, Erbe des Vaters, der nach der Kindheit seines irdischen Aufenthaltes als Erwachsener in sein Reich kommen sollte – der höchste Geist wußte stets und sah voraus, daß dieses Geschöpf gegen sich selbst das Verbrechen, die Gnade in sich zu töten und sich des Himmels zu berauben, begehen würde.

Warum hat er ihn dennoch erschaffen? Gewiß stellen sich viele diese Frage. Hättet ihr es vorgezogen, nicht zu sein? Verdient dieser Erdentag es nicht, obwohl er arm und bloß und rauh geworden ist infolge eurer Bosheit, gelebt zu werden, um das von Gotteshand ins Universum gestreute unendliche Schöne kennenzulernen und zu bewundern?

Für wen hätte er die Sterne und Planeten erschaffen, die wie Blitze und Pfeile vorüberzucken und das Gewölbe des Firmaments durchfurchen; die langsam zu sein scheinen und doch schneller als die schnellsten Geschosse ihre Bahnen ziehen; die euch Licht und die Jahreszeiten schenken; die euch beständig, unveränderlich und doch stets ihre Lage verändernd, neue Seiten im Himmelsblau zu lesen geben, jeden Abend, jeden Monat, jedes Jahr? Als wollten sie euch sagen: "Vergeßt eure Beschränktheit, laßt alle eure geschriebenen Werke beiseite, die angefüllt sind mit dunklen, faulenden, schmutzigen, giftigen, lügenhaften, gotteslästerlichen, verdorbenen Dingen! Erhebt euch wenigstens mit dem Blick in die unbegrenzte Freiheit der Firmamente! Laßt eure Seele himmelblau werden im Betrachten dieser Herrlichkeit! Schafft euch einen Vorrat an Licht, um eure Finsternis zu erhellen! Lest das Wort, das wir beim Gesang unseres Sternenchors ins Firmament schreiben! Es ist harmonischer als jedes Orgelstück in den Kathedralen: das Wort, das wir leuchtend geschrieben haben: das Wort, das wir voller Liebe geschrieben haben; denn immer ist uns jener gegenwärtig, der uns die Freude des Seins schenkte, und wir danken ihm, uns das Dasein geschenkt zu haben, das Licht, das Leben, das Frei-Sein und das Schön-Sein inmitten der erquickenden Bläue, über die hinaus wir noch ein erhabeneres Blau sehen: das Paradies, und erfüllen den zweiten Teil seines Liebesgebotes, indem wir euch, unsern Nächsten im Universum, lieben; wir lieben euch und geben euch darum Führung und Licht, Wärme und Schönheit. Vernehmt das Wort, das wir euch sagen und dem gemäß wir unsere Melodie, unser Strahlen und unsere Freude ausrichten: Gott!"

Für wen sonst hätte Gott das flüssige Blau gemacht, in dem sich der Himmel spiegelt, auf dem ihr dahinfahrt, in dem das Wasser lächelt und die Wellen sprechen? Alles Worte, die mit dem Rauschen der Seide, mit dem heiteren Lachen der Kinder, mit dem Seufzen der Alten und den Schlägen, den Stößen, dem Brüllen und dem Donnern der Gewalt immer wieder reden und sagen: "Gott". Das Meer wurde für euch erschaffen, ebenso wie der Himmel und die Sterne. Und mit dem Meer die Seen, die Flüsse, die Teiche, die Bäche und die reinen Quellen, die alle dazu dienen, euch zu tragen, euch zu nähren, euren Durst zu stillen und euch zu reinigen. Sie dienen euch, indem sie dem Schöpfer dienen, ohne über die Ufer zu treten und euch zu überfluten, wie ihr es verdientet.

Für wen sonst hätte er die unzähligen Familien der Tiere geschaffen, die wie singende Blumen fliegen (Vögel), die als eure Knechte laufen, arbeiten, euch nähren und euch erfreuen: euch, ihre Könige?

Für wen sonst hätte er all die zahllosen Familien der Bäume und Pflanzen erschaffen und die Blumen, die aussehen wie Schmetterlinge, Edelsteine und regungslose Vöglein; die Familien der Früchte, die wie Juwelen oder Perlenschreine sind, die euch als Teppiche für eure Füße, zum Schutz eurer Häupter, zur Zerstreuung, zur Freude für euren Geist, eure Glieder, eure Augen und die anderen Sinne dienen?

Für wen anders hätte er die Mineralien in der Erde gemacht und die Salze aufgelöst in eiskalten oder heißkochenden Quellen: Schwefel, Jod und Brom, als für einen, der sich daran ergötze, der nicht Gott, aber Kind Gottes ist: für den Menschen.

Zu seiner Freude benötigte Gott sie nicht; er hat keine Bedürfnisse. Er genügt sich selbst. Er braucht sich nur zu betrachten, um sich zu ergötzen und zu ernähren, um zu leben und zu ruhen. Die ganze Schöpfung hat die Unendlichkeit seiner Freude, seiner Schönheit, seines Lebens und seiner Macht nicht im geringsten erhöht. Vielmehr hat er alles für sein Geschöpf gemacht, das er zum König über das von ihm geschaffene Werk setzen wollte: den Menschen.

Es lohnt sich zu leben, um dieses großartige Werk Gottes zu schauen und ihm zu danken für seine Machtentfaltung. Ihr müßt ihm dankbar sein dafür, daß ihr lebt. Und ihr hättet es sein müssen, auch wenn er euch erst am Ende der Welt erlöst hätte; denn, obwohl eure Vorfahren die Gebote nicht befolgt haben und hochmütig, genußsüchtig und Mörder gewesen sind und auch ihr ebenso lebt, gestattet euch Gott immer noch, euch an dem Guten und dem Schönen im Universum zu erfreuen. Er behandelt euch, als ob ihr gute Menschen und gute Söhne wäret, denen alles gezeigt und zugestanden wird, um ihr Leben angenehmer und gesünder zu gestalten. Was ihr wißt, wißt ihr durch Gottes Licht. Was ihr entdeckt, entdeckt ihr auf einen Hinweis Gottes, soweit es gut ist. Die anderen Erkenntnisse und Erfindungen, die das Zeichen des Bösen tragen, kommen vom höchsten Bösen, vom Satan.

III.

Der höchste Geist, dem nichts unbekannt bleibt, wußte schon vor der Erschaffung des Menschen, daß dieser aus eigenem Willen Dieb und Mörder geworden wäre. Da aber die ewige Güte Gottes ohne Grenzen ist, dachte Gott, noch bevor die Sünde begangen wurde, an ein Mittel, um die Schuld wiedergutzumachen. Das Mittel bin ICH, das WORT. Das Werkzeug, um aus dem Mittel ein wirksames Instrument zu machen, war Maria. Die Jungfrau wurde im erhabenen Gedanken Gottes geschaffen. Alle Dinge sind geschaffen worden für mich, den geliebten Sohn des Vaters.

Als König hätte ich unter meinen Füßen Teppiche und Kleinodien haben müssen, wie kein Königspalast sie je gehabt hat; Lieder und Stimmen, Knechte und Diener hätten mich umgeben müssen, wie keinen Herrscher je zuvor, und Blumen und Perlen und alles Erhabene, Großartige und Liebliche, das aus dem Gedanken Gottes entspringen kann. Aber ich sollte auch Fleisch sein, nicht nur Geist: Fleisch, um das Fleisch zu erlösen; Fleisch, um das Fleisch zu veredeln; um es in den Himmel zu tragen, viele Jahrhunderte vor der Zeit. Das vom Geist bewohnte Fleisch ist das Meisterwerk Gottes, und für dieses ist der Himmel erschaffen worden.

Um Fleisch zu werden, bedurfte ich einer Mutter. Um Gott zu sein, mußte mein Vater Gott sein. Und sieh da, Gott schuf sich eine Braut und sagte zu ihr: "Folge mir! An meiner Seite wirst du sehen, was ich für unseren Sohn tue. Schau und juble, ewige Jungfrau, ewige Tochter. Dein Lachen erfülle dieses Reich, gebe den Engeln den Ton an und lehre das Paradies die himmlische Harmonie! Ich schaue auf dich. Ich sehe dich schon, wie du sein wirst, o unbefleckte Frau, die du jetzt nur Geist bist: Gedanke, an dem ich mein Wohlgefallen finde. Ich schaue auf dich und gebe das Blau deiner Augen dem Meer und dem Firmament; die Farbe deiner Haare dem heiligen Korn; das reine Weiß und das Rosa, die Farben deiner seidenen Haut, der Lilie und der Rose; als Vorbild für die Perlen nehme ich deine feingearbeiteten Zähne; die süßen Erdbeeren bilde ich mit einem Blick auf deinen Mund; den Nachtigallen lege ich deine Stimme in die Kehle und den Turteltauben dein Klagen. Und indem ich deine künftigen Gedanken lese und das Klopfen deines Herzens höre, habe ich ein Leitmotiv für meine Schöpfung. Komm, meine Freude, bewohne die Welten zum Zeitvertreib, solange du noch tanzendes Licht meines Gedankens bist. Die Welten sind da für dein Lachen. Bewohne die Kränze der Sterne und die Ketten der Gestirne. Lege dir den Mond unter deine edlen Füße und umgürte dich mit dem Sternengurt der Milchstraße! Für dich sind die Sterne und Planeten erschaffen worden. Komm und erfreue dich an den Blumen, die deinem Kind zum Spielzeug und dem Sohn deines Schoßes zum Kissen dienen werden! Komm und schau, wie ich die Lämmer bilde, die Adler und die Tauben! Sei mir nahe, während ich die Schalen der Meere und die Betten der Flüsse erschaffe, die Berge erhebe und sie bemale mit Schnee und Wäldern; während ich das Getreide säe und die Bäume und den Weinstock bilde: die Olivenbäume für dich, meine Friedensträgerin, und den Weinstock für dich, meine Rebe, die die eucharistische Traube tragen wird.

Eile, fliege, juble, meine Schöne, und lehre die ganze Welt, die von Stunde zu Stunde erschaffen wird, mich zu lieben, du Liebevolle; die Welt soll schöner werden durch dein Lächeln, o Mutter meines Sohnes, du Königin meines Paradieses, du Liebe deines Gottes!"

Und während ich den Irrtum sehe und zugleich die Makellose vor Augen habe, rufe ich aus: "Komm zu mir, die du die Bitterkeit des menschlichen Ungehorsams, der menschlichen Unzucht mit Satan und der menschlichen Undankbarkeit auslöschest, mit dir werde ich Vergeltung üben an Satan."

IV.

Gott, der Vater und Schöpfer, hatte Mann und Frau mit einem so vollkommenen Gesetz der Liebe erschaffen, daß ihr diese Vollkommenheit nicht einmal mehr verstehen könnt. Und ihr denkt ohne Erfolg darüber nach, was wohl mit dem Menschengeschlecht geschehen wäre, wenn der Mensch nicht die Lehren Satans angenommen hätte.

Schaut auf die Frucht- und Samenpflanzen! Erhalten sie Samen und Frucht durch Unzucht, durch eine Befruchtung unter hundert Vereinigungen? Nein! Von der männlichen Blüte geht der Blütenstaub aus und geführt von einem Komplex meteoritischer und magnetischer Gesetze gelangt er zum Fruchtknoten der weiblichen Blüte. Dieser öffnet sich, nimmt ihn auf und bringt Frucht. Die weibliche Blüte beschmutzt sich nicht und weist ihn nicht ab, wie ihr es nur tut, um tags darauf wiederum dasselbe Lustgefühl kosten zu können. Sie trägt Frucht; und bis zum nächsten Jahr bringt sie keine Blüte hervor, und wenn sie dann blüht, ist es wieder, um Frucht zu tragen.

Betrachtet die Tiere, alle! Habt ihr je ein männliches Tier gesehen, das sich zum weiblichen begibt steriler Umarmung wegen und zu lasterhaftem Verkehr? Nein. Von nah und fern, fliegend und kriechend, springend und laufend, gehen sie, wenn es Zeit ist, zum Befruchtungsritus und entziehen sich ihm nicht, indem sie nur die Befriedigung ihrer Lust suchen; sie übernehmen ohne weiteres die ernste und heilige Verantwortung für die Nachkommenschaft. Diesen alleinigen Zweck muß der Mensch, der Gott ähnlich ist aufgrund des göttlichen Ursprungs einer Gnade, die ich ihm voll und gänzlich geschenkt habe, annehmen in der Ausübung des notwendigen animalischen Aktes, seit ihr um einen Grad in Richtung des Tierreiches herabgesunken seid.

Ihr handelt nicht wie die Pflanzen und die Tiere. Ihr habt Satan zum Lehrmeister gehabt. Ihr habt ihn zum Lehrmeister gewollt und wollt ihn immer noch. Und die Werke, die ihr vollführt, sind des Meisters würdig, den ihr gewollt habt. Aber wenn ihr Gott treu geblieben wäret, hättet ihr den Kindersegen in heiliger Weise erlebt, ohne Schmerzen und ohne euch in unanständigen, unwürdigen Vereinigungen zu entkräften, die selbst den Tieren unbekannt sind; den Tieren ohne vernünftige und geistige Seele.

V.

Dem von Satan verdorbenen Paar wollte Gott den Menschen gegenüberstellen, geboren von einer von Gott über alles erhobenen Frau. Sie gebar, ohne einen Mann gekannt zu haben: Blume, die die Blume gebiert, ohne der natürlichen Befruchtung zu bedürfen, einzig durch den Kuß der Sonne auf den unangetasteten Kelch der Lilie: Maria.

Die Vergeltung Gottes!

Mache nur, Satan, deinem Haß Luft, während sie geboren wird! Dieses Kind hat dich besiegt! Noch bevor du zum Rebellen wurdest, zum Schleicher, zum Verderber, warst du schon besiegt, und sie ist deine Besiegerin! Tausend zur Schlacht gerüstete Heere vermögen nichts gegen deine Macht. Die Waffen der Menschen vermögen nichts gegen deinen Panzer, o ewiger Verführer, und es gibt keinen Wind, der den Gestank deines Atems wegwehen könnte. Und dennoch: Diese Kindesferse, die rosig ist wie das Innere einer rötlichen Kamelie; die glatt und weich ist, daß die Seide rauh ist im Vergleich zu ihr; die so klein ist, daß sie in den Kelch einer Tulpe paßt und sich daraus Schühlein machen könnte; sieh, sie nähert sich dir ohne Furcht und sie wird dich in deine Höhle jagen. Ihr Klagen schlägt dich in die Flucht, dich, der du die Heere nicht fürchtest, und ihr Atem reinigt die Welt von deinem Gestank. Du bist besiegt! Ihr Name, ihr Blick, ihre Reinheit sind Lanze, Blitz und Stein, die dich durchbohren, die dich niederschmettern, die dich einschließen in dein Höllenloch, o Verfluchter, der du Gott die Freude genommen hast, Vater aller erschaffenen Menschen zu sein!

Nun aber hast du sie vergebens verdorben, sie, die unschuldig erschaffen worden sind. Du hast sie verführt zur Vereinigung und Empfängnis auf den Irrwegen der Fleischeslust; du hast Gott daran gehindert, seinem geliebten Geschöpf der Spender von Kindern zu sein nach Regeln, die, wenn sie beachtet worden wären, auf Erden ein Gleichgewicht erhalten hätten unter den Geschlechtern und den Rassen, wodurch Kriege unter den Völkern und Zwietracht in den Familien vermieden worden wären.

Wenn sie gehorcht hätten, hätten sie die Liebe kennengelernt. Vielmehr: nur im Gehorsam hätten sie die wahre Liebe verstanden und erhalten: den vollen und ruhigen Besitz dieses Ausflusses Gottes, der vom Übernatürlichen herabkommt zum Niedrigeren, damit auch das Fleisch darob heilig jubiliere; das Fleisch, das dem Geist verbunden ist und von demselben geschaffen wurde, der dem Fleisch eine Seele gegeben hat.

Eure Liebe, o Menschen, was ist sie jetzt? Entweder Sinnenlust, bemäntelt mit Liebe, oder unheilbare Furcht, die Liebe des Gatten zu verlieren durch eigene oder anderer Menschen Unzucht. Seit die Sinnenlust in der Welt herrscht, seid ihr nie sicher, das Herz des Gemahls oder der Gemahlin zu besitzen. Ihr zittert, weint und werdet wahnsinnig vor Eifersucht; manchmal Mörder, um einen Verrat zu rächen; verzweifelt bisweilen, werdet willenlos in gewissen Fällen und wahnsinnig in anderen.

Das hast du, Satan, den Kindern Gottes angetan. Die, welche du ins Verderben gestürzt hast, hätten die Freude erlebt, Kinder ohne Schmerzen zu gebären, und die Freude, geboren zu werden ohne die Angst, sterben zu müssen. Jetzt bist du, Satan, durch eine Frau und in einer Frau besiegt. Von nun an wird jeder, der SIE liebt, zu Gott zurückfinden; er wird jeder deiner Versuchungen widerstehen und die volle Reinheit bewahren können. Von jetzt an werden die Mütter, die nicht ohne Schmerzen gebären können, SIE zur Helferin haben. Von jetzt an werden die Eheleute SIE als Führerin und die Sterbenden SIE als Mutter haben; denn der Tod wird süß in ihren Armen, die Schutz und Schild gegen dich, den Verfluchten, sind. Sie ist aber auch die Fürbitterin beim Gericht Gottes.

Maria Valtorta, du kleine Stimme, du hast die Geburt des Sohnes der Jungfrau und den Eingang seiner Mutter in den Himmel gesehen. Du hast gesehen, daß den Schuldlosen weder Geburtswehen noch Todesschmerzen bekannt sind. Und so, wie der unbefleckten Mutter Gottes die himmlischen Gaben vorbehalten waren, so wären allen, wenn sie wie die ersten Kinder Gottes unschuldig geblieben wären, Geburtswehen und Todesangst erspart geblieben.

VI.

Der erhabene Sieg Gottes über Satans Rache bestand darin, die Vollkommenheit des erwählten Geschöpfes so zu steigern, daß wenigstens in Einer der Hauch jener menschlichen Schwäche, die dem Gift des Satans Einlaß verschafft, nichtig wurde; und somit sollte der Sohn nicht aus einer menschlichen Vereinigung, sondern aus der göttlichen Umarmung, die den Geist im Feuer der Ekstase verzückt, hervorgehen.

Die Jungfräulichkeit der Jungfrau! ...

Komm und erwäge diese tiefe Jungfräulichkeit, bei deren Betrachtung sich schwindelerregende Abgründe eröffnen! Was ist die arme, erzwungene Jungfräulichkeit einer Frau, die von keinem Mann begehrt wurde? Weniger als nichts! Was ist die Jungfräulichkeit einer Frau, die um Gottes Willen ehelos bleibt, dies aber nur dem Leib und nicht dem Geist nach? Sie läßt viele zügellose, unreine Gedanken in ihren Geist eintreten, spielt mit diesen und läßt sich von menschlichen Vorstellungen liebkosen! Das ist nur ein Larvenstadium der Jungfräulichkeit. Was ist die Jungfräulichkeit einer Gottgeweihten, die nur für Gott lebt? Viel, doch ist sie nie so vollkommen wie die meiner Mutter!

Eine Bindung ist immer vorhanden gewesen, selbst beim Heiligsten: jene zwischen Geist und Schuld; jene, die nur die Taufe zu lösen vermag. Sie löst sie; doch wie eine Frau, die durch den Tod von ihrem Mann getrennt wird, nicht die ganze Jungfräulichkeit wiederfindet, so gibt die Taufe nicht diese vollkommene Jungfräulichkeit zurück, die unseren Stammeltern vor der Sünde zu eigen war. Eine Narbe bleibt und schmerzt und bringt das Frühere in Erinnerung, und die einstige Wunde ist stets bereit, wieder aufzubrechen, wie gewisse Krankheiten periodisch durch ihre Viren neu entfacht werden. Die Jungfrau Maria hat diese Narbe einer aufgelösten Bindung mit der Schuld nicht. Ihre Seele erscheint schön und unberührt wie damals, als der Vater sie erdachte und in ihr alle Gnaden vereinigte.

Sie ist die Jungfrau. Sie ist die Einzige. Sie ist die Vollkommene. Sie ist, wie sie erdacht wurde. So wurde sie geboren. So ist sie geblieben. So wurde sie gekrönt. So ist sie in Ewigkeit.

Sie ist die Jungfrau. Sie ist ein Abgrund der Unberührtheit, der Reinheit, der Gnade, der sich verliert im Abgrund, aus dem sie stammt: Gott.

Unberührtheit, Reinheit, vollkommenste Gnade. Sieh, so rächt sich Gott, der Dreieinige. Gegen alle entheiligten Geschöpfe erhebt er diesen Stern der Vollkommenheit. Gegen die ungesunde Neugierde erhebt er diese heilige Scheu, die allein in der Liebe Gottes Befriedigung findet. Dem Wissen um das Böse stellt er diese erhabene Unwissende gegenüber. In ihr ist nicht nur Unkenntnis der niedrigen Liebe, nicht nur Unkenntnis der Liebe, die Gott den verehelichten Menschen gab, sondern noch mehr. In ihr ist Unkenntnis der bösen Neigungen, die Erbschaft der Sünde sind. In ihr ist gleichzeitig Kühle, Weisheit und weißglühende Gottesliebe. Ein Feuer, welches das Fleisch mit Eis panzert, damit es der durchsichtige Spiegel sei am Altar, wo Gott sich mit einer Jungfrau vermählt und sich dennoch nicht erniedrigt; denn seine Vollkommenheit umarmt jene, die, wie es einer Braut geziemt, nur in einem Punkt niedriger ist als der Bräutigam: Sie ist Ihm unterworfen als Frau, aber ohne Makel wie Er.»

 

September 2006

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