6 Verse des HORAZ
in c.1,1; c.3,30;
c.4,8
HORAZ grüßt MAECENAS mit zwei AVE
Ausgangspunkt dieser
Untersuchung bildete das Wort PERENNIVS
in c. 3,30,1, das durch die Buchstabenfolge PERENE im SATOR-Quadrat eine besondere Bedeutungsebene erhält. Es kamen sodann
schrittweise weitere 5 Verse hinzu, die zusammen eine geschlossene
Zahlenkonstruktion darstellen.
I. Einleitung
III. Zahlenverhältnisse
der 3 Zeilen
I. Einleitung
1.
Im
vorletzten
Kapitel
habe ich gezeigt, wie 6 Verse
aus drei Gedichten des Horaz – den einzigen im Versmaß des Asclepiadeus minor – eine konzeptionelle Einheit
bilden:
1,1,1 |
MAECENAS, Atavis | Edite regibus, ... |
3,30,1 |
Exegi monumentum | Aere perennius... |
1,1,29 |
Me doctarum hederae | praemia frontium |
4,8,28 |
Dignum laude Virum | Musa Vetat mori, |
1,1,30 |
dis miscent
superis. |
4,8,29 |
caelo Musa beat. |
Maecenas, von
Königen als Vorfahren abstammend, |
Ich habe ein
Denkmal vollendet, dauerhafter als Erz. |
||
Mich vereinen
Efeukränze, die Belohnungen für |
Einen lobwürdigen
Mann läßt die Muse nicht sterben, |
||
gelehrte
Stirnen, mit den himmlischen Göttern. |
mit dem Himmel
beglückt ihn die Muse. |
2. Zur
Individualität und zum Wert eines Menschen gehört sein Name. Wenn man sich
eingehend damit beschäftigt, kann man darin auf vielfältige Weise Wertvolles
entdecken. Ich beschränke mich in diesem Beitrag auf die Doppelung und
Umkehrform der Vokale AE/EA im Namen MAECENAS.
1. Erst wenn man die
INITIALEN der 25 Wörter in den
Blick nimmt, fällt auf, daß die Vokale nur durch A,E,V je zweimal vertreten sind. Die
Wörter mit den Initialen A und E sind ATAVIS und EDITE in
c.1,1,1
und EXEGI und AERE in 3,30,1. Entsprechend AE im Namen MAECENAS folgen ATAVIS EDITE aufeinander,
während E und A sowohl im Namen als auch in der Verszeile durch den
Buchstaben N bzw. dem Wort MONUMENTUM getrennt sind.
2. Natürlich wird
man neugierig, wo sich die beiden V befinden. Man
entdeckt sie in einer einzigen Zeile, in den Wörtern VIRVM und VETAT des c.4,8,28. Nun liegt es
nahe, jeweils 3 Vokale zu AVE – Sei gegrüßt, lebe wohl zu verbinden.
Die Wörter, in
der Reihenfolge von Zeile und Gedicht einander zugeordnet, sind:
|
ZS |
FS |
Sm. |
Fakt. |
ATAVIS VIRVM EDITE |
188 |
131 |
319 |
29*11 |
AERE VETAT EXEGI |
139 |
114 |
253 |
23*11 |
|
327 |
245 |
572 |
52*11 |
Ein
AVE hat den ZW 26. Die Addition
der ZS+FS (s.u.) der
ganzen Wörter vermehrt die Zahl der AVE von 2 auf 22. Die
Produktaufteilung 26*22 = 4*11*13 enthält außerdem den ZW des Ausdrucks PATER NOSTER viermal.
(Die 6 Wörter bestehen
aus durchschnittlich 5 Buchstaben und
können auf 30 Positionen der Doppelraute verteilt bzw. zweimal in ein Rechteck eingetragen werden.)
Ein Blick auf die Wörter dieser Zeile zeigt, daß die 3 Vokale
auch in LAVDE und VETAT vorhanden sind
(dazu noch VALE). Damit gibt Horaz seine Absichten
zusätzlich zu erkennen.
3. Was Horaz durch
die zweimaligen AVE-Initialen zum Ausdruck bringen wollte, sei kurz umrissen:
HORAZ setzt seinen
Gönner MAECENAS in Anredeform an
den Anfang seines Widmungsgedichtes. Daher sind ein oder zwei herzliche AVE als Gruß
angemessen. Dabei nutzt er die zweimaligen Vokale AE/EA des Namens MAECENAS als Initialen
für vier Wörter, denen er zwei weitere mit V beginnende hinzugesellt. Deren Bedeutung
aber zielt in eine besondere Richtung:
Die Wörter (MUSA) VIRUM VETAT (MORI) bedeuten Die Muse verbietet dem Mann zu sterben. Die beiden Silben
MO-RI haben jeweils
den ZW eines AVE (26), so daß eine
inhaltliche Gleichung entsteht. Sobald der Mann (Maecenas) also stirbt, begrüßt
die Muse ihn mit zwei AVE, um ihn in den Himmel aufzunehmen (CAELO BEAT). Diese
ZW-Übereinstimmung zwischen AVE-AVE und MO-RI waren für Horaz
Anlaß, über das Schicksal des Menschen nach dem Tod eine
mathematisch-sprachliche Reflexion anzustellen.
Mit einem doppelten AVE hat Horaz MAECENAS Ehre und treue
Freundschaft erwiesen. Was aber für die Verdienste des MAECENAS im besonderen
und vielleicht doppelt gelten mag, trifft auch auf jeden Menschen zu, den man DIGNUM LAUDE – lobwürdig nennen kann.
Die Zahlen 26 und 52 haben noch einige andere Bedeutungen, die Horaz in seine
Gesamtkonzeption einbezogen hat. Auf sie werde ich an gegebener Stelle
eingehen.
III. Zahlenverhältnisse
der 3 Zeilen
1. Die beiden
Eröffnungsverse finden also ihre Ergänzung und gewissermaßen ihr Ziel in dieser
3. Verszeile. Daher ist es geradezu unabdingbar, daß auch die Zahlenwerte (ZW)
aufeinander bezogen sein müssen. Zuerst sollen die ZW der beiden Gedichtanfänge
und dann von Vers 4,8,28 ermittelt werden. Die hier relevanten Faktorensummen (FS) seien
hinzugefügt:
|
|
|
|
|
ZS |
FS |
Gs. |
|||
|
Maecenas (58, 43) |
atavis
(68, 44) |
edite
(42, 39) |
regibus (78, 54) |
246 |
180 |
426 |
|||
|
Exegi (47, 33) |
monumentum (140, 98) |
aere (28, 28) |
perennius (115, 84) |
330 |
243 |
573 |
|||
|
|
|
|
|
576 |
423 |
999 |
|||
a(5) e(12) i(5) o(1) u(5) |
V 28 |
224 |
|
|||||||
b(1) c(1) d(1) g(2)
m(4) n(5) p(1)
r(3) s(4) t(3)
x(1) |
K 26 |
352 |
|
|||||||
Dignum (65, 46) |
laude (41, 30) |
virum (78, 48) |
Musa (51, 25) |
vetat (64, 53) |
mori (52, 39) |
351 |
241 |
592 |
|||
a(3) e(2) i(3) o(1) u(6) |
V 15 |
174 |
|
||||||||
d(2) g(1) l(1) m(4)
n(1) r(2) s(1)
t(2) |
K 14 |
177 |
|
||||||||
2. Zunächst ist
festzustellen, daß die beiden ZW-Ergebnisse 576 und 351 durch 9 teilbar sind.
Die Teilbarkeit erhöht sich jedoch auf 37, fügt man den
Zahlensummen (ZS) jeweils die FS hinzu: 999:592 = 37*(27:16) = 37*43.
3. Die Zahl 37 kann zweierlei
bedeuten: Erstens, eine Tetraktys besteht aus 18 Linien und 10 Punkten + 9 Dreiecken. Zweitens, der
Tetraktysrahmen besteht aus 9 Punkten und 9 Linien. Im Tetraktysstern befinden sich jedoch 2 Tetraktys.
Daraus ergibt sich, unter Einbeziehung eines Mittelpunktes, die Rechnung 18+1+18 = 37.
Die Primzahlfaktoren 37 und 43 beziehen sich auf ein Grundmodell des
Dezimalsystems: Je eine Seite des Tetraktysrahmens besteht aus 4 Punkten, alle
drei Seiten aus 4*3 = 12 Punkten. Fügt man noch zu jeder Seite 3
Linien hinzu, erhält man mit 3*(4+3) = 3*7 die Umkehrzahl 21.
Die ZS+FS 999 geht, durch 9 geteilt, auf die Zahl 111 zurück, deren
Faktoren 37*3 – in
Einzelziffern – die Verteilung der 13 Punkte des Tetraktyssterns wiedergeben.
Versteht man die Faktoren in ihrer genauen Bedeutung, muß man für 3 Ecken des
Tetraktyssterns jeweils 2 Tetraktysrahmen + Mittelpunkt annehmen.
1. Dem zweimaligen AVE ist also noch ST (=18+19) hinzuzufügen.
Der Gruß an Maecenas, dem Horaz so viel verdankt, wird auf diese Weise zu einem
Gruß an die Gottheit erweitert. Mit ST ist formelhaft der Urheber der
kosmischen Ordnung gemeint, die im Dezimalsystem ihre Grundlage besitzt.
AVE ST ist eine von
mehreren Wortfügungen, die sich aus dem Namen VESTA bilden lassen.
Daß Horaz genau diese Buchstabenfolgen meint, zeigt er durch LAVDE (41) und VETAT (64). Denn diese
Wörter enthalten nicht nur Bestandteile von VESTA, sondern entsprechen der ZS+FS von AVE (26+15=41) und ST (37+27=64).
Die Zahl 64 erhält man auch, wenn man von der ZS+FS 26+15 von AVE den FW1+FW2 15+8=23 bildet und zu 41 hinzuzählt. AVE erscheint
so auf ST geradezu
hingeordnet.
2. Der ZW von AVE ist 26 = 2*13. Durch 13 teilbar ist auch der ZW 351 = 27*13 des Verses 4,8,28. Es könnte sein,
daß Horaz bereits in 1,1,1 das doppelte AVE ankündigte, denn jede der beiden
Halbzeilen hat die ZS+FS 213.
Horaz macht in Vers 4,8,28 das Thema VESTA , auf das durch VETAT geradezu explizit hingewiesen wird, dadurch deutlich, daß er
auf die Häufigkeit der 5 Buchstaben des
Namens achtet: Der Gesamt-ZW der 14 von 29 Buchstaben des Verses beträgt 3*63 = 189 (120+10+18+38+3), damit den 3-fachen ZW des Namens VESTA. Das Verhältnis zum Rest-ZW ist 27*(7:6).
3. Drei Wörter, DIGNVM VIRVM MORI, sind durch 13 teilbar: 13*(5+6+4) = 15*13. Mit dem ZW 12*13 der anderen drei Wörter ergibt sich das
Verhältnis 3*13*(5:4) = 39*9.
4. Die zweifache Verwendung des
Wortes MVSA in Vers 4,8,28 und 29 mit dem ZW 51 +51 = 102 zielt auf den
gleichen ZW wie PENS|ATOR – der Abwiegende,
Vergeltende.
MVSA ist daher als
eine von vielen Selbstdefinitionen Gottes zu verstehen: SVM
A – Ich bin das A.
Die Verwendung von MVSA hat ihre Begründung im ZW 51, der in seinen
Einzelziffern den Buchstaben EA entspricht, die im Namen MAECENAS enthalten sind.
Im Namen VESTA entspricht der ZW 39 dem Wort TU. Analog zu SVM A ist also die
Bildung TU
ES A
– Du bist
das A
möglich. Das personale TU enthält einen wesentlichen trinitarischen Aspekt, der in den
drei sanduhrförmigen Doppeldreiecken des Hexagons eine geometrische Grundlage
hat:
|
5. Die ZW von AVE, nebeneinander
geschrieben, sind 1-20-5 = 5*241 = FW 246. Horaz scheint diese Möglichkeit aufgegriffen zu haben, denn
der Zeilen-ZW von c.1,1,1 ist 246 und die FS von c.4,8,28 ist 241.
6. Zwei AVE haben den ZW 52 wie OPERA – Werke. Der Gruß an
Maecenas und die Gottheit erscheint so als Dank für die gewährte Hilfe.
Aber auch das letzte Wort MO|RI hat den ZW 52, jede Hälfte den ZW 26 wie AVE. Die FS ist 39 wie TU und das
Differenzverhältnis zum Rest-ZW ist 13*(3:1). Der Bezug
dieses Verhältnis zum einen Gott in drei Personen scheint ein sicheres Zeichen
für die unsterbliche Bestimmung des Menschen zu sein. Das Schicksal im
jenseitigen Leben steht aber auch im Zusammenhang mit den OPERA – den Werken des Menschen.
Der horazische Gruß erscheint daher gleichzeitig als ein Abschiednehmen von
dieser Welt, wie das VALE in LAVDE andeutet, und als Erwartung eines neuen Lebens, das im
SATOR-Quadrat durch PEREN(N)E verheißen wird.
1. Die Umkehrung der
Buchstaben AE/EA in MAECENAS bringt es mit
sich, daß die beiden AVE als Radialelemente in konzentrischer
Anordnung zu denken sind:
|
Die konzentrische
Anordnung auf der Kreisachse legt nahe, jeweils zwei E und A und die beiden V als
zusammengehörige Einheiten zu betrachten. Die ZS+FS der zu den Initialen gehörigen Wörter
sollen nun ermittelt werden:
|
ZS |
FS |
Sm. |
|
ZS |
FS |
Sm. |
EDITE |
42 |
39 |
81 |
ATAVIS |
68 |
44 |
112 |
EXEGI |
47 |
33 |
80 |
AERE |
28 |
28 |
56 |
|
|
161 |
|
|
168 |
||
|
161:168 = 7*(23:24) = 7*47 |
||||||
VIRVM |
78 |
48 |
126 |
|
|
|
|
VETAT |
64 |
53 |
117 |
|
|
|
|
|
126:117 = 9*(13:14) = 9*27 |
Die beiden Zahlenverhältnisse zeigen Parallelität in den
angrenzenden Verhältniszahlen 23:24 und 13:14. Die Addition 47+27 führt zur
Umkehrung 74.
Von Interesse ist
die ZW/FW-Verrechnung der beiden
Ergebnisse:
|
ZW |
FW |
Sm. |
FW |
|
329 |
54 |
|
|
|
243 |
15 |
|
|
Sm. |
572 |
69 |
641 |
641 |
FW
|
28 |
26 |
54 |
11 |
Sm. |
|
|
|
652 |
Die Addition der FW 54+15 entspricht der des Wortes SATOR: Die ungeraden
Buchstaben STR haben den ZW 6*9 = 54, die geraden AO den ZW 6+9 = 15. Die Zahl 652 gibt in den
Einzelziffern die 13 Elemente der sanduhrförmigen Hexagonfigur wieder. Ihr FW ist 167.
2. Liest man die auf
der Kreisachse angeordneten Buchstaben von links nach rechts, erhält man die
Umkehrung AVE EVA. Christliche
Symbolik bezieht das AVE auf MARIA, die Mutter Jesu, als die neue EVA, da sie die ursprüngliche
Heiligkeit der Gottesbeziehung, die durch den Ungehorsam der ersten EVA zerbrochen
wurde, wieder hergestellt hat. Wie im folgenden Kapitel dargelegt wird,
sind die Buchstaben aus drei Hexagonfiguren gebildet. Daher kann man sagen, daß
die neue EVA das vollkommene
Abbild der göttlichen Dreifaltigkeit ist.
Es ist nicht anzunehmen,
daß Horaz an diese Symbolik in irgend einer Weise gedacht hat, wenngleich es zu
seiner Zeit eine gesteigerte Heilserwartung gab und wir nicht ausschließen
können, daß die heiligen Schriften der Juden den gebildeten Römern ganz
unbekannt waren. Wenn wir nun einerseits bedenken, daß Maria zwischen der
Veröffentlichung der ersten drei Odenbücher im Jahr 23 und des vierten Buches
zehn Jahre später geboren wurde und andererseits die ZS+FS der 4 AE-Wörter das 7-fache des ZW 47 von EXEGI – ich habe vollbracht beträgt, wird
eine heilsgeschichtliche Dimension wahrnehmbar: Die von Ewigkeit her geschaute
vollkommene Magd des Herrn ist von der göttlichen Dreifaltigkeit in der Fülle
der Zeit geschaffen worden, um das Erlösungswerk des ewigen Wortes zu ermöglichen.
3. Nach Ausweis des
Lexikon für Theologie und Kirche, Herder 1957 (Stichwort: Ave Maris Stella)
findet sich die erste Gegenüberstellung von Maria und Eva bei dem frühchristlichen Apologeten Tertullian (160 – ca.220)
in De
carne Christi – Über den Leib Christi Kap. 17.:
Crediderat Eva serpenti, credidit Maria
Gabrieli:
Quod illa credendo deliquit, haec credendo
delevit.
Eva hatte der Schlange geglaubt, Maria glaubte Gabriel:
Was jene durch ihren Glauben verschuldete, tilgte diese durch
den ihren.
4. Das Motiv der
Wortumkehrung EVA – AVE als relevanter theologischer Zusammenhang erscheint erstmals
in dem Marienhymnus Ave Maris Stella. Die zweite Strophe lautet:
Sumens illud Ave
Gabriélis ore,
Funda nos in pace,
Mutans Evae nomen.
Die du jenes Ave annahmst
aus dem Munde Gabriels,
begründe uns fest im Frieden,
indem du Evas Namen umwendest.
Gesamter Text mit Erläuterungen
Nach neueren
Untersuchungen wird die unsichere Autorschaft des Hymnus dem Abt Ambrosius
Autpertus (gest.784) zugeschrieben. Aus der Provence stammend, lebte er später
im Kloster zu St. Vinzenz am Volturno in den Abruzzen. Vgl. Adolf Adam, Te Deum Laudamus, Große Gebete der
Kirche, lateinisch – deutsch,Herder. S.225.
Erstellt: Mai 2006
Letzte Änderung: August 2006