Über den Ursprung des Koran
Vor diesem
Beitrag schrieb ich einen Kommentar zum Offenen Brief der 138
muslimischen Theologen an christliche Kirchenführer und Gedanken über die literarische Qualität des Koran. Obwohl klar ist, daß Christentum und Islam sich in
ihrem absoluten Wahrheitsanspruch gegenseitig ausschließen, scheut man christlicherseits
die Frage: Ist der Koran göttliche Offenbarung, wie der Islam behauptet, oder
nicht? Ich bin zur Auffassung gelangt, daß man den Mut haben sollte, sich
dieser Frage zu stellen und eine Entscheidung
zu fällen. Die folgenden Gedanken trage ich mehr in thesenhafter Form als in
detaillierter Ausführung vor.
s.a. Bedeutung
der Zahl 19;
Der
Koran – Spiegelbild seines Verfasssers (ein Psychogramm Mohammeds)
Das Vernunftwidrige des Islam
(2012)
3 Erloschene externe Links sind grau
unterlegt.
1.
Der wünschenswerten Entscheidung stehen mehrere Gründe entgegen:
– Seit dem Vaticanum II hat sich die Einstellung gefestigt, in den Beziehungen
zu anderen Kirchen, zum Judentum und Islam müsse mehr das Verbindende als das
Trennende im Mittelpunkt stehen.
–
Christen und Muslime haben als
gemeinsamen Gegner den zunehmend säkularen, von Gott abgewandten Zeitgeist.
–
Wahres und Falsches sind im Islam eng
verflochten, so daß man jede Festlegung auf einer Seite als Unrecht gegenüber
der anderen empfinden kann.
2.
Tatsächlich wird christlicherseits
mit Vorliebe darauf verwiesen, daß Jesus und Maria bei den Muslimen in hoher
Achtung stehen, nur bedauerlich sei, daß sie Jesu göttlichen Ursprung sowie den
einen Gott in drei Person ablehnten. Und wie könnte der Koran vom Bösen
stammen, wenn die Hölle im Koran viel nachdrücklicher dargestellt werde als im
Neuen Testament?
3.
Gewiß, die Antwort ist nicht leicht.
Gott kann jedoch auch aus einem unentwirrbaren System von Wahrheit und Irrtum
etwas Gutes wirken. Wie kommt es
aber zu diesem Nebeneinander?
4.
Der Koran gründet in der Person
Mohammeds selbst. Wie jeder Mensch hat er die Freiheit, zwischen Gut und Böse
zu unterscheiden und entsprechende Entscheidungen zu fällen. Wie konnte er ein
Opfer dämonischer Täuschung werden und als für göttliche Offenbarung halten,
was vom Bösen stammte? Siehe
Anmerkung 1
5.
Die höllischen Geister sind, entsprechend
einer christlichen Tradition, gestürzte Engel, die sich unter Führung Luzifers
gegen Gott auflehnten. Als ihnen der göttliche Plan bekanntgegeben wurde, daß
die zweite göttliche Person Mensch werden solle, weigerten sie sich, sie in
menschlicher Gestalt anzubeten. Durch seinen Tod am Kreuz hat Jesus die Macht
und den Hochmut der höllischen Geister besiegt und ihm reiche Beute abgejagt.
Daher liegt ihnen nichts mehr im Sinn, als das fleischgewordene Wort Gottes zu
bekämpfen. Es schien ihnen lohnend, eine Parallelreligion hervorzubringen und
dem Wahrheitsanspruch des Christentum ein angemaßtes
höheres entgegenzusetzen.
Für dieses
Ziel waren sie zu größten Zugeständnissen und höchster Selbstverleugnung
bereit. So haben sie es erreicht, Wahrheit und Irrtum untrennbar zu vermengen
und sich hinter Wahrheiten bequem verbergen zu können. Ihr größter Triumph ist
es, daß Muslime bis heute glauben, dem Koran entspreche eine Urschrift im
Himmel (13:39). Deshalb nehmen alle gläubigen Anhänger Muhammads für bare Münze,
was sie im Koran und in den überlieferten Aussprüchen finden.
Ein Beispiel muslimischer
Spekulation ist, wie es mit dem Stuhlgang im Paradies
steht. Auf dieses Problem antwortet der Prophet: "Sie
verschaffen sich Erleichterung, indem sie durch ihre Haut ausdünsten".
(Ibn Hibbaan)
6.
Der islamische Gelehrte Al-Bukhari
(810-870) überliefert, die erste Erscheinung im Jahr 610 n.Chr. in einer Höhle des
Berges Hira habe Muhammad in einen solchen Schrecken versetzt, daß er
Selbstmord begehen wollte. Er glaubte, von bösen Geistern heimgesucht worden zu
sein. Seine um 15 Jahre ältere Frau Chadidscha jedoch überredete ihn zu der
Auffassung, daß er zum Propheten berufen sei.
Ausführlich über diesen Punkt hat der
amerikanische Autor Craig Winn geschrieben. Tilman Nagel,
emeritierter Professor für Arabistik und Islamwissenschaft, hält es für
erwiesen, daß Mohammed an Epilepsie litt (GEO kompakt Nr.16, S.136). Die
Schreckensszene der ersten Erscheinung wiederholte sich bei späteren Erscheinungen.
Der Einbruch
transzendenter Mächte verursacht immer Schrecken. Aber gute Mächte verstehen
es, die Furcht zu nehmen. "Fürchte dich nicht, Maria!" sagt etwa der Engel
Gabriel zur Jungfrau Maria, und Jesus ruft den Jüngern im Boot zu, als er
nachts zu ihnen kommt und sie meinen, es sei ein Gespenst: "Habt
Vertrauen, ich bin es, fürchtet euch nicht!" (Mt 14,27).
7.
Wie kann man sich die Entstehung der
Korantexte vorstellen? Die gefallenen Engel sind mächtige Geister, die den
Menschen beherrschen wollen. Satan versprach Jesus alle Macht der Welt, wenn er
ihn anbete. So spielten vielleicht ein falscher Gabriel oder andere Dämonen
Gottesboten und gaben im Namen Gottes Botschaften, mimten also Gott selbst. Sie
paßten sich extrem Muhammads Gedankenwelt an, so daß dieser immer mehr glaubte,
daß das, was ihn selbst bewegte, identisch mit dem war, was aus dem Mund Gottes
zu kommen schien. Schließlich wird es ihm wohl genügt haben, in einen
besonderen (epileptischen?) Seelenzustand versetzt zu sein, um seinen eigenen
Eingebungen zu folgen und sie als Allahs Wort zu verstehen. Soweit ihn dabei
religiöse Verantwortung leitete, konnte er sich der Wahrheit öffnen und
Vernünftiges in den Koran aufnehmen.
Über allem
aber stand die Selbstbehauptung seines prophetischen Anspruchs, dem letztlich
alles untergeordnet wurde. Dieser funktionale Gesichtspunkt ist dem Verlauf
einer jeden Sure immanent und einmal mehr, einmal weniger ausgeprägt.
8.
Die himmlische Urfassung des Koran wird hauptsächlich begründet mit der Unnachahmlichkeit
seiner Sprache. Der Inhalt selbst spielt dabei eine sekundäre Rolle. Mit
gleichem Recht könnte man die Verse Homers, Vergils und Shakespeares als
unnachahmlich erklären und ihnen eine präexistente Herkunft zuschreiben.
Rhetorische Leistung kann sowohl dem Guten als auch dem Bösen dienen.
Die Verse des Koran sind halb-poetisch
(semi-poetic), d.h., sie sind gereimt, aber ohne erkennbaren Rhythmus. Die Encyclopedia Britannica bemängelt, daß Muhammad auch für reine Sachthemen wie Erbfragen die einmal
gewählte Reimform, die seinem Geschmack und dem seiner Zuhörer entsprach,
sklavisch beibehielt:
Mahomet's mistake
consists in persistent and slavish adherence to the semi-poetic form which he
had at first adopted in accordance with his own taste and that of his hearers .
For instance, he employs rhyme in dealing with the most prosaic subjects, and
thus produces the disagreeable effect of incongruity between style and matter. Anmerkung 2
9.
Der Koran ist also als ein Komplott
Luzifers und seines Gefolges anzusehen, welche in Muhammad ein Opfer und
bereitwilliges Werkzeug zugleich fanden, um ein eigenartiges Imitat der
biblischen Schriften – Gotteskenntnis aus zweiter Hand – zu bewerkstelligen und
es in den Rang unumstößlicher Wahrheit zu erheben. Wenn aber der Koran in
seiner Gesamtheit ein Dickicht von Wahrheit und irrendem Wahrheitsanspruch –
mit Hauptstoßrichtung gegen die Gottheit Christi und seine Erlösungstat –
darstellt, ist islamische Exegese des Koran letztlich
eine Pseudowissenschaft. Er ist gleichsam ein löchriges Gefäß, durch das das
Wasser angemaßter Wahrheit trotz allen theologischen Abdichtungsbemühungen
unablässig hindurchrinnt. Die Logik islamischer Gelehrter wird gesteuert durch
vorrationale wundergläubige Grundeinstellungen, die sie von ihrem als unfehlbar
erklärten Glaubensbuch übernommen haben. Um das löchrige Corpus zu stützen,
vereinnahmen apologetische Muslime alle Wissensbereiche und alle geschichtliche
Epochen von der griechisch-römischen Antike bis hin zur Genwissenschaft und
konstruieren aus ihnen abenteuerliche Beweismittel, wie man sie in jedem
islamischen Internetauftritt finden kann.
10. Die Vorstellung vom himmlischen Original des Koran
hält gläubige Muslime in eisernem Griff und hindert sie an natürlicher
Erkenntnis. An der Weisheit und Schönheit der biblischen Schriften gehen sie so
achtlos vorüber. Vielmehr suchen sie mit Vorliebe nach Bestätigungen für die
Lehren des Koran. Zum Beispiel interessieren sie die
Stellen der Evangelien, die der göttlichen Natur Jesu zu widersprechen
scheinen. "Der Vater ist größer als ich" (Joh 14, 28) und "Was
nennst du mich gut? Niemand ist gut als Gott allein" (Mk 10,18) sind etwa
zwei Stellen. Andere Stellen, die Jesu Göttlichkeit bezeugen, z.B. "Ich
und der Vater sind eins" (Joh 10,30), übergehen sie.
11.
Ein christlich-muslimischer
Dialog ist nicht leicht zu führen. Realistischerweise muß die christliche Seite
klarstellen, daß sie einerseits die Religiosität und Kultur der Muslime achtet,
andererseits den Koran nicht als göttliche Offenbarung annehmen kann. Unter
Wahrung des Respekts vor den jeweiligen Glaubensüberzeugungen gibt es
zahlreiche Formen der Begegnung und des gegenseitigen Sich Kennenlernens, die
man nutzen sollte.
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Am Ende meiner Ausführungen verweise ich auf die kenntnisreichen und
ausgewogenen Aufsätze von Prof. Christian Troll SJ, der sich jahrzehntelang mit dem Verhältnis
zwischen Islam und Christentum beschäftigt hat. In einem vierteiligen Video
vergleicht die zum Christentum konvertierte Sabatina James Islam und Faschismus.
ANMERKUNG 1
Die Versuchung Muhammads
Wenn Jesus durch seinen Tod am Kreuz die Macht des Bösen gebrochen hat (Kol
1,13), wie konnte er eine Parallelreligion zulassen, die seine Göttlichkeit und
seine Erlösungstat leugnet? Gott läßt weiterhin die Versuchung des Menschen
durch die bösen Geister zu, damit sich menschliche Freiheit zum Guten bewähren
kann. Wir müssen also annehmen, daß Muhammad vor seinem ersten
Offenbarungserlebnis bereits eine innere Haltung besaß, die ihn für eine
entscheidende Versuchung anfällig machte. Es ist dies eine dunkle Seite
Muhammads, der an der Seite seiner Frau Chadidscha ein wohlhabendes Leben hätte
weiterführen können, aber ein unruhiges und kämpferisches vorzog.
Den
Hintergrund für seine Laufbahn als Religionsgründer bilden Umstände seiner
Biographie, worüber ich in einem anderen
Beitrag einiges dargelegt habe. Folgendes kann vermutet werden:
In Muhammad
hatte sich schon vor seinem 40. Lebensjahr ein bereits bestehender arabischer
Monotheismus verfestigt, der sich auf Abraham zurückführte. Für die Anerkennung
dieses Eingottglaubens wollte er sich gegen polytheistische Traditionen in
Mekka mit aller Macht einsetzen. Vor diesem Hintergrund mußte er auch die
Trinitätslehre des Christentums als Polytheismus ablehnen. Also lehnte er auch
die göttliche Natur Jesu und seinen Heilsauftrag für die gesamte Menschheit ab.
Äußerster
Ehrgeiz und Eiferertum für den einen Gott weckten in ihm ein religiöses
Sendungsbewußtsein, das Luzifer durch Täuschungsmanöver zu nutzen verstand.
Zur Koransprache
Die
Vorstellung der Muslime von der präexistenten Urfassung des Koran
hängt untrennbar mit ihrem Glauben an die "Unnachahmlichkeit" der
Koransprache zusammen. Sie folgen darin Muhammad selbst, der sie herausfordernd
zum Kriterium der Echtheit seiner Offenbarungen macht:
wenn ihr im Zweifel seid über das, was Wir hinabgesandt haben zu Unserem
Diener, dann bringt eine Sure hervor wie diesen Koran. 2:23
Muhammad
verwendet meist dieselbe Reimsilbe für jeweils mehrere Verse hintereinander.
Einen Teil der Koransuren versuchte der Dichter Friedrich Rückert (1788-1866)
nachzudichten. Sure 93 lautet dann so (Prosaübersetzung
daneben):
1. Beim Tag,
der steigt! |
1. Beim Vormittage, |
2. Und bei der
Nacht die schweigt! |
2. Und bei der Nacht, wenn sie am stillsten
ist, |
3. Verlassen
hat dich nicht dein Herr, noch dir sich abgeneigt. |
3. Dein Herr hat dich nicht verlassen, noch ist
Er böse. |
4. Das dort ist
besser als was hier sich zeigt. |
4. Wahrlich, jede Stunde, die kommt, wird
besser für dich sein als die, die vorausging. |
5. Er gibt dir
noch, was dir zu deiner Lust gereicht. |
5. Und fürwahr, dein Herr wird dir geben und du
wirst wohlzufrieden sein. |
6. Fand er dich
nicht als Waisen, und ernährte dich? |
6. Fand Er dich nicht als Waise und gab dir
Obdach? |
7. Als
irrenden, und führte dich? |
7. Er fand dich irrend und führte dich richtig. |
8. Als
dürftigen, und mehrte dich? |
8. Und Er fand dich in Armut und machte dich
reich. |
9. Darum den
Waisen plage nicht, |
9. Darum bedrücke nicht die Waise, |
10. Dem Bittenden
versage nicht, |
10. Und schilt nicht den Bettler, |
11. Und deines
Herrn Huld
vermelde! |
11. Und erzähle von der Gnade deines Herrn. |
Diese Sure ist eine der wenigen, deren Inhalt die poetische Form
rechtfertigt. Als unnachahmlich wird man sie jedoch nicht bezeichnen können, wenn
man etwa die hohe Kunst bedenkt, die ein Sonett erfordert. Sie zeugt von
religiöser Inbrunst, die Muhammad zu dichterischen Ausdrucksmittel geführt
haben mag.
Merkwürdig
ist, daß Rückerts Versuch keine Nachahmung fand, während jede große europäische
Dichtung in anderen Sprachen im jeweiligen Versschema nachgedichtet wurde.
Dafür könnte es zwei wesentliche Gründe geben:
– Die aufeinander folgenden Reime wirken auf Dauer eintönig; europäische
Dichtung ist reichere Variationsmuster gewohnt.
– Der größere Teil des Koran ist keine große Kunst,
sie wird lediglich vorgetäuscht. Ein echtes Verskunstwerk wird nach Versmaß und
Sinneinheiten durchgeformt. Es genügt sich selbst durch die Logik seiner
immanenten Wahrheit. Muhammad hingegen instrumentalisiert Reim und andere
Sprachkunstmittel als Beweis für seine Offenbarungen. Darüber hinaus grenzt er
sich gegen Juden und Christen ab, schließlich lehrt er einige theologische
Grundaussagen. Die Elemente dieser drei Bereiche werden unablässig wiederholt.
Muhammad nimmt eine eigenartige Verlagerung von Sprache und Inhalt vor.
Gewöhnlich hat Sprache eine dienende Funktion: sie soll Inhalt formulieren.
Muhammad hingegen möchte durch die Wirkung von Sprache Inhalt als gottgesandt
legitimieren. Glaube vollzieht sich nicht durch Erkenntnis, sondern durch
Rezitation von Sprache. Bezeichnend hierfür ist das Auswendiglernen von
Koranversen, ohne daß die Lernenden den Sinn verstehen.
Die Reime haben darüber hinaus zwei weitere Wirkungen: Erstens, sie lenken
von der Dürftigkeit des Inhalts ab, zweitens, sie täuschen die
Zusammengehörigkeit und Sinnhaftigkeit von Inhalt vor.
Wer im
muslimischen Glauben aufgewachsen ist, wird im Koran die reine Wahrheit sehen
und Weisheit und Lebenssinn daraus schöpfen. Der Koran teilt einige wesentliche
Lehren mit dem Christentum: die Allmacht des Schöpfergottes, die
Verantwortlichkeit des Einzelnen für sein Tun, Wohltätigkeit als Form der
Nächstenliebe und das letzte Gericht.
Wer andererseits
– ich spreche verallgemeinernd von mir selbst – aus den Schriften des Alten und
Neuen Testamentes, aus dem Glaubensbekenntnis der Kirche und aus dem
eucharistischen Leib und Blut Jesu Christi zu leben gewohnt ist, wird in eine
geistige Dimension gehoben, die den Geist und die Weisheit des Koran, dem er
sich angenähert hat, weit hinter sich läßt. Die Beschäftigung mit dem Koran
kann ein starker Antrieb sein, den Glauben an Jesus Christus als Kostbarkeit
neu zu entdecken, sich die Wahrheit seiner Worte und seine machtvollen Taten
einzuprägen und eine größere Liebe zu ihm anzustreben, um sie an andere
weiterzugeben. Der Christ wird umso überzeugender sein können, je mehr er das
Zusammenwirken der drei göttlichen Personen im Heilsgeschehen menschlicher
Geschichte und in jedem Gläubigen versteht und lebt.
Ein empfehlenswerter Link: von Muslimen, die Christen wurden
Heilsgeschichtliche Perspektive
1.
Abraham gilt als Vater aller Glaubenden.
Er zog in das Land, das Gott ihm wies. Der Weg, den er ging, ist ein Bild für
den Glaubensweg eines jeden einzelnen Menschen, aber auch für den Gang der
Heilsgeschichte. Joseph und seine Brüder setzten Abrahams Weg fort nach
Ägypten, Moses führte die Israeliten ins Gelobte Land zurück. Das jüdische Volk
erlitt die Härte 70-jähriger babylonischer Gefangenschaft und die Abhängigkeit
auswärtiger Potentaten. Jesus kam in die Welt, um die Botschaft vom Reich
Gottes zu verkünden und die Menschheit mit Gott durch die Hingabe seines Lebens
zu versöhnen.
Die Evangelien entstanden auf dem kulturellen Umfeld des
griechisch-römischen Mittelmeerraumes und wurden in viele Länder getragen,
insbesondere durch Petrus und Paulus in die Hauptstadt Rom, wo sie das Martyrium
erlitten. Von Rom aus erfolgte die Missionierung Europas, das die geistigen
Errungenschaften und politische Grundlagen der Antike übernahm.
Irrlehren führten zu christologischen Definitionen auf
den Konzilien von Nikaia und Chalkedon, die indes die Glaubensstreitigkeiten im
Byzantinischen Reich nicht beendeten. So konnte auf der arabischen Halbinsel
keine überzeugende Missionierungsarbeit betrieben werden. Mohammeds religiöse tour de force entstand somit in einem
religiös-kulturellen Vakuum, das nach einer Entscheidung drängte.
2.
Bevor das Christentum 313
Staatsreligion wurde, hatte es gegen die hochentwickelte antike Philosophie und
Geisteswelt sowie gegen die offizielle Staatsreligion eine schwere
Bewährungsprobe zu bestehen. Durch sie gestärkt, konnte es sich überzeugend in
andere Länder ausbreiten.
Die Rationalität griechischen und römischen Denkens
erweist sich bis heute für die christliche Theologie als unschätzbare Hilfe.
Dem Islam fehlen diese Grundlagen völlig.
3.
Das antike Erbe spiegelte sich im
Fächerkanon der mittelalterlichen Universität wider: Theologie war ein Fach
neben den Artes Liberales, der Iurisprudenz und der Medizin. Weltliches und
kirchliches Recht waren getrennt. Die Universitäten ermöglichten die Freiheit
des Denkens in den jeweiligen Sachgebieten.
4.
Der Islam konnte nur kurze Zeit zu
einer Entfaltung des Geistes im 9. und 10. Jahrhundert gelangen. Dann wurde es
den Dogmen der Religion untergeordnet. Bis heute ist er nicht zur Freiheit des
Geistes gelangt.
Ursache hierfür ist der Koran selbst. Denn man kann von
ihm keine größere Weisheit erwarten als die, deren Mohammed selbst fähig war.
Mohammed selbst war ungelehrt, seine Weisheit beschränkte sich auf das, was ihm
eine lange gleichbleibende beduinische Tradition zur Verfügung stellte und was
er durch Hörensagen dazulernte.
Die Freiheit des Geistes erfordert von Muslimen zu
erkennen, daß Gottes Wort zwar zu bestimmten geschichtlichen Zeiten an
bestimmte Menschen offenbart wurde, daß es aber gleichzeitig eine überzeitliche
Bedeutung für alle Menschen hat. Daher können Muslime die bildgewaltige Sprache
Jesaias, die Frömmigkeit der Psalmen und die Weisheit der Evangelien ohne
Vorurteil ebenso als ihr Eigentum ansehen wie alle Menschen guten Willens. Denn
alle Menschen sind nach der Zusage Gottes Kinder Abrahams.
Erstellt: September 2008