Die
Doppelsonne in Cicero de re publica (III)
1.
Wenn Cicero die 41 und 24 Buchstaben im DR-Kreuz und in zwei Tetraktys anordnete, mußte es sein
Bestreben sein, nicht nur in jeder einzelnen Figur, sondern auch im
Zusammenspiel beider sinnvolle Verhältnisse zu erreichen. Insbesondere geht es
dabei um das ZW-Verhältnis der 28 Buchstaben des äußeren
Kreisrings und 37 des inneren Kreises (IK):
|
DR-Krz. |
Tetrakt. |
Sm. |
Ring |
16 |
12 |
28 |
IK |
25 |
12 |
37 |
Zur Veranschaulichung seien beide Figuren
nebeneinander gestellt:
|
|
2.
Wie die nachfolgende Tabelle für den äußeren Kreisring zeigt, geht es Cicero von vorneherein
um Verhältnisse, die aus dem gemeinsamen Ergebnis von
Zahlensummen (ZS) + Faktorensummen (FS) 708+532 = 1240 = 40*31 gebildet werden können:
|
DR-KRZ |
TETR |
Sm. |
|
ZS |
172 |
138 |
310 |
10*31 |
FS |
127 |
90 |
217 |
7*31 |
Von den 4 Werten
ist keiner allein durch 31 teilbar, aber
sowohl die Summe der ZW als auch der Faktorenwerte (FW). Die ZS und FS jeder Figur
sind aufeinander bezogen: die des DR-Kreuzes durch Umkehrwerte (172 und 127), die
der Tetraktys durch den gemeinsamen Teiler 6:
6*(23:15) = 6*38 = 12*19. Die Teilbarkeit des gemeinsamen
Ergebnis durch 19 ist
sinnvoll, da die FS jeder einzelnen Figur durch 19
teilbar ist: 209+323 = 19*(11+17).
3.
Schon jetzt steht fest, daß die 4 Werte des inneren Kreises durch 31 teilbar sein
und 23*31 ergeben
müssen:
|
DR-KRZ |
TETR |
Sm. |
ZS |
248 |
150 |
398 |
FS |
196 |
119 |
315 |
|
713 |
Von den 4 Werten
ist 248 durch 31 teilbar: 8*31. Die Summe der übrigen 3 beträgt dann 15*31. Da im
äußeren Kreisring jeweils 2 Werte eine
Teilbarkeit durch 31 ergeben, kann man von
einem Verhältnis 2:2 sprechen. Die Werte im inneren Kreis hingegen
bilden das Verhältnis 1:3. Die beiden Verhältnisse bestätigen die
Korrespondenz von Radialelementen und Flächengröße: Der äußere Kreisring hat
die Flächengröße 2 sowie 2 Radialelemente, der innere Kreis die
Flächengröße 1 und 3
Radialelemente. Wenn man den beiden Verhältnissen des äußeren Kreisringes (17*31) den
Wert 8*31 hinzufügt, erhält man mit dem Verhältnis 5*(3:5)
die Radialelemente, denen die grundlegenden Flächenverhältnisse 3 (= 1:2)
und 1:3 entsprechen. Die
Untergliederung der 5 Radialelemente in 3:2 erhält man durch (7+8)
= 15*31:10*31.
Das Verhältnis 5*(3:2) hat Cicero durch die Faktorensumme 532 wiedergegeben.
Es bleibt noch hinzuzufügen, daß eine Korrespondenz
auch unter den 3 Werten besteht: 196:117 = 7*(28:17) = 7*45 = 21*15 = 315; 315:150 = 15*(21:10).
4. Die Zahl 40 nimmt in den biblischen Schriften bekanntlich eine wichtige Rolle ein. Sie
setzt sich zusammen aus 4*(1+2+3+4) = 4*10 und hat somit einen bedeutenden Bezug zum Dezimalsystem. Die Rechnung 4*10+(4+10) ergibt 54. Die Zahlen 5+4 stellen die Durchmesserelemente des Doppelkreises mit dem
Flächenverhältnis 1:2 dar.
Ciceros gematrisches Projekt zeigt, daß die Zahl 40 eine ebenso große Bedeutung aus dem Produkt 5*8 erhält. Die Rechnung 5*8+(5+8)
ergibt 53. Als
Durchmesserelemente bedeuten 5 und 3 die Flächenverhältnisse 3:1. Die Addition beider Verhältnise ergibt 43. Die Zahlen 4
und 3 zusammen geben eine Wesensaussage über
Gottes dreifaltiges Wesen.
Die ZW/FW-Verrechnung der beiden Zahlen 54+53 ergibt:
|
ZW |
FW |
Sm. |
FW |
|
54 |
11 |
|
|
|
53 |
53 |
|
|
Sm. |
107 |
64 |
171 |
24 |
FW |
107 |
12 |
117 |
25 |
Sm. |
|
49 |
Das Endergebnis verweist auf den Tetraktysstern,
der (von innen nach außen) aus 25+24
Elementen besteht.
Es folgt die
Auswertung der dritten im letzten Kapitel bereits eingeführten
Buchstabenfigur:
|
1.
Eine schrittweise Überprüfung der Werte ergibt, daß nur
die Einbeziehung der beiden Wörter AFRICANE und TVBERO in das Innere des Hexagons befriedigende Verhältnisse zuläßt. Da Ciceros
gematrisches Projekt von der Gleichheit der Radialelemente geprägt ist, sind
zwei Mittelpunkte sinnvoll. Indem sie den Buchstaben des äußeren Kreisrings
zugerechnet werden, ist ein höchstmögliches Gleichgewicht zwischen 32+33 Buchstaben für den äußeren Kreisring und dem inneren Kreis erreicht. Die
Einzelziffern beider Zahlen geben den Doppelaspekt von 5 Durchmesser- und 6 Radialelementen wieder. Die folgende
Tabelle differenziert zwischen ZS und FS der Punkte und der Linien (L) bzw.
Dreiecken (D):
|
außen |
Sm. |
innen |
Sm. |
||
|
ZS |
FS |
|
ZS |
FS |
|
P |
222 |
155 |
377 |
180 |
122 |
302 |
L/D |
114 |
93 |
207 |
192 |
162 |
354 |
|
336 |
248 |
584 |
372 |
284 |
656 |
|
336 |
248 |
|
+36 |
+36 |
|
|
336 |
-88 |
|
+88 |
284 |
|
248+372 = 4*31*(2+3)
= 20*31 |
||||||
584:656 = 8*(73:82) |
Die Teilbarkeit durch 31 kommt hier nicht durch das Zusammenwirken von ZS+FS zustande,
sondern einmal ist nur die FS der äußeren
und einmal die ZS der inneren Buchstaben
beteiligt. Die Zahl FS 248, die mit der FS 284 durch
Umkehrung korrespondiert, bildet in ihren Teilzahlen das Verhältnis 155:93 = 31*(5:3),
das weiter als Verhältnis von Flächengröße
zu Radialelemente
verstanden werden kann: 3:5 und 1:3. Binnenverhältnisse lassen die ZS zu: 222:114 =
6*(37:19), 180:192 = 12*(15:16). Die Summen 336:372
schließlich verhalten sich 12:(28*31). Die
Produktaufteilung der Zahl 372 in 12*31 enthält wiederum die
grundlegenden Flächenverhältnisse des Doppelkreises.
2. Die Differenz
der Endsummen 656 und 584 beträgt 72 und verteilt sich auf die Zahlen 372–336 und 284-248 jeweils zur Hälfte. Zusammen bilden die beiden durch 31 teilbaren
Zahlen 248 und 372 dieselbe Summe wie die beiden anderen Zahlen. 248 ist um 88 niedriger, 372 um 88 höher als ihre benachbarten
Zahlen 336 und 284. Auf diese Weise halten
Zahlen- und Faktorensummen außen und innen in einem vollkommenen Gleichgewicht.
Es lohnt sich, einige weitere Details
zu dieser Buchstabenfigur zu betrachten.
3. Die drei Buchstabenfiguren entsprechen dem grundlegenden Prinzip, daß zu
einem Ganzen zwei Hälften bzw. Teile gehören und daß dieses Ganze und seine
Teile eine Einheit bilden. Die dritte Figur verwirklicht dieses Prinzip
dadurch, daß die Hälfte der gesamten aus Zahlen- und Faktorenwerten bestehenden
Summe sich aus wiederum zwei von vier Teilsummen zusammensetzen, die durch 31 teilbar sind. Wenn man nun eine Teileinheit als 1 bezeichnet, erhält die Ganzheit den Wert 2.
Dieses Prinzip spiegelt sich vielleicht in der
Addition der Werte aller drei Buchstabenfiguren wider. Die ZW+FW der beide
ersten Figuren ergaben für die Buchstaben des äußeren Kreisrings und des
inneren Kreises 31*(17:23) = 527:713.
Addiert man die Werte der dritten Figur, lauten beide Ergebnisse 527+584 = 1111
und 656+713 = 1369.
Die Zahl 1111
läßt sich auf die Gleichheit von 2
Radialelementen und 2 Flächeneinheiten
beziehen. Ihre Primzahlfaktoren 11*101
führen zum ZW 112. Die
Zahl 112, die eine Reihe von Bedeutungen
hat, kann hier das Prinzip von 2 Teilen und das Ganze stehen, aber vielleicht
noch mehr für die zweimal zu zählende Fläche des inneren Kreises und der
Flächengröße 2 des äußeren Kreisrings.
Die Zahl 1369
ist die Quadratzahl von 37 und verweist
vermutlich darauf, daß der Tetraktystern aus zwei Tetraktys mit je 37 Elementen besteht.
4.
Eine ZW/FW-Verrechnung führt zu folgendem Ergebnis:
|
ZW |
FW |
Sm. |
FW |
|
1111 |
112 |
|
|
|
1369 |
74 |
|
|
Sm. |
2480 |
186 |
2666 |
76 |
FW |
44 |
36 |
80 |
13 |
Sm. |
|
89 |
Die FS 112+74 = 186
ist wiederum durch 31
teilbar. Das zweite Endergebnis 89
setzt sich aus 76 =4*19 (T) und 13 (N)zusammen
und entspricht den 4 T und dem Mittelpunkt-N des SATOR-Quadrats. Es ist anzunehmen, daß Ovid
in seinen Metamorphosen diese Zahlen bewußt für die Plazierung der Erschaffung
des Menschen wählte, indem er mit der Zeile 76
beginnt und sie in 13 Versen darstellt.
Die Zahl 89 ist
der symmetrische Gegenpol zur Zahl 21, die
durch das Produkt 3*7 die Zahl 10 und die Elemente der Tetraktys darstellt.
1.
Die kultivierte Gesprächsrunde im Haus des Scipio
Africanus findet in einer ausgesprochen freundschaftlichen Atmosphäre statt, in
der geistreiches Spiel seinen Platz hat. Um die vielfältigen Aspekte der Sonnenfinsternis
und des Tetraktyssterns im Doppelkreis darzustellen, wechseln die Rollen und
Plätze von Scipio und Tubero sowie der
Philosophen Panaitios und Sokrates.
2.
Die 6 Namensbezeichnungen dienen zunächst der Darstellung
der 2*3 Radialelemente des Kreises. Da es jedoch um einen
konzentrischen Doppelkreis geht, wird man die Radialelmente auf 6 Radialpunkte
ausweiten. Man kann sich vorstellen, daß zuerst die linken Radialpunkte und
dann die rechten der Reihe nach besetzt werden. Tubero als ILLE steht im Mittelpunkt, er spricht AFRICANE an. Dann
gesellt sich SCIPIO zum Mittelpunkt, erwähnt den PANAETIUM, der auf dem äußersten Kreispunkt plaziert wird. Er
nennt TUBERO beim Namen, dieser nimmt die Stelle rechts von
ihm ein, dann folgt SOCRATEM auf dem rechten Außenpunkt:
|
3.
Nachdem man zum Thema gekommen ist und zumindestens einen
der Philosophen, Panaitios, als kompetent anerkannt hat, ist den gebildeten
Gesprächspartnern klar, daß bei zwei konzentrischen Kreisen oder Himmelskörpern
zwei identische Größen über oder hinter einander liegen. Da die Philosophen DE ISTO ALTERO SOLE Bescheid wissen, was sich durch identische ZW bekundet,
rücken sie um eine Stelle nach innen, während die Namensdoulbe AFRICANE und TUBERO als
einstweilig entbehrlich nach außen rücken:
|
4.
Alles braucht seine Proportion. Der Mond, der um ein
Vielfaches kleiner als die Sonne ist, aber sich auch als wesentlich kleiner dem
Anblick bietet, nimmt bei einer Sonnenfinsternis ein ungeahnte Dimension an. Um
dies durch ein rationales Verhältnis zu verdeutlichen, wird das Verhältnis des
Doppelkreises der Tetraktys, mit dem die Größenverhältnisse von Mond und Sonne
in Verbindung gebracht werden können, einfach von 2:1 auf 1:2 umgekehrt. Dazu kommen nun, nachdem die Doppelnatur des
inneren Kreises gesichert ist, die mittleren Namen den äußeren zu Hilfe:
|
5.
Es zeigt sich nun, daß SCIPIO, der
zunächst Sokrates den Vorzug gegeben hat, sich auf der Seite des PANAITIOS befindet; dem auf Dauer seine Loyalität nicht entziehen
kann. Nun wird es Zeit, dem Durcheinander eine Ordnung zu geben. Man einigt
sich, daß DUO SOLES den Zuschlag für ILLE TUBERO bekommt und
sich SCIPIO des größeren Anhangs DE ISTO ALTERO SOLE erfreuen kann, wie es seinem Ruhm auch zukommt:
|
ZW |
FS |
|
|
ZW |
FS |
|
TVBERO |
77 |
61 |
138 |
SCIPIO |
68 |
40 |
108 |
SOCRATEM |
89 |
69 |
158 |
PANAETIUM |
95 |
69 |
164 |
|
|
|
296 |
|
|
|
272 |
ILLE |
36 |
33 |
69 |
AFRICANE |
55 |
51 |
106 |
DUO SOLES |
104 |
63 |
167 |
DE ISTO ALTERO SOLE |
184 |
146 |
330 |
|
|
|
236 |
|
|
|
436 |
|
306 |
226 |
532 |
|
402 |
306 |
708 |
|
296:272 = 8*(37:34); 236:436 = 4*(59:109) |
||||||
|
568:672 = 8*(71:84) |
Wenn TUBERO zu SCIPIO und ILLE zu AFRICANE kommt und die eine Namenshälfte
ihren Philosophen und die andere den Gesprächsstoff erhält, ist die Aufteilung
der 2*4 Gruppen alles in bester, durch 4 und 8
teilbarer Proportion.
Alles ist gerecht aufgeteilt: Tubero hat zwar den geringeren Zahlenanteil, dafür
aber den wertvollen Kern aller Faktorenwerte, während Scipio natürlich den Taktstock
mit allen Zahlenwerten in Händen hält.
Damit die Freundschaft auch nicht der
leiseste Schatten trüben kann, teilen sie sich das reizende Produkt 17*18, Tubero als ZW, Scipio als FW.
6. Das
geistreiche Wechselspiel hat einen sachlichen Hintergrund, der bisher noch
nicht in den Blick genommen wurde. Cicero setzt 5 Wortgruppen
für sein gematrischen Unternehmen ein, von denen 2 dem
Sachbereich und 3 dem Personenbereich angehören. Beide
sind von einander ähnlich getrennt wie normalerweise der Mond und die Sonne.
Durch die Sonnenfinsternis tritt der Mond in den Bereich Sonne und besetzt nach
der Zahl der Wortgruppen zwei Drittel des Personenbereichs, so daß, wie eben
dargelegt, die Zahlenwerte des äußeren Kreisrings zum inneren Kreis 1:2 betragen. Daß dabei AFRICANE und TUBERO ihren personenidentischen Namensentsprechungen SCIPIO und ILLE zu Hilfe kommen, bietet sicherlich einen Grund,
darüber nachzudenken, was Cicero über die Bedeutung von Identität und
Verdoppelung gemeint hat. Dies soll aber hier nicht weiter verfolgt werden.
Die Textstelle de re publica 1,15
stellt ein Meisterwerk gematrischer Kunst dar. Wie Cicero dieses Kunststück
vollbrachte, scheint sich selbst kühnster Vorstellungskraft des heutigen
Menschen zu entziehen. Daß er es vollbrachte, stellt für mich keinen Zweifel
dar. Sich über das innerste Bewußtsein des antiken Menschen klar zu werden,
betrachte ich allerdings nicht als meine vorrangige Aufgabe. Im Sinne römischen
Bewußtseins, daß die Nachkommen ihren Vorfahren in nichts nachstehen sollen,
können die vorliegenden Ergebnisse jedoch ein Ansporn sein, der geistigen
Leistung Ciceros und der ihm an geistiger Größe Gleichenden durch eigene
Bemühung gerecht zu werden.
Cicero hat dieses Werk gewiß nicht
ohne Versicherung göttlichen Beistands unternommen. Darauf weisen die ersten
drei Wörter über die Sonnenfinsternis DE ISTO ALTERO hin. Denn die
ersten vier Buchstaben bedeuten Für die Götter und
durch Umstellung der folgenden Buchstaben erhält man TOLERATO
– du sollst erdulden, also eine
Selbstaufforderung Für die Götter sollst du (Mühen)
erdulden.
Der Zahlenwert der beiden Wörter DEIS (36) und TOLERATO (100)
ist in sich programmatisch für das Dezimalsystem. Denn die Summe beider Werte 136 zeigt in ihren Einzelziffern die Abfolge der 10 Punkte der Tetraktys (Mittelpunkt,
3 Eckpunkte, 6
Hexagonalpunkte). Sie lassen sich aus den Zahlen 1+2+3
bilden, wenn man zur folgenden Zahl die vorhergehende Summe hinzuzieht: 1+(2+1)+(3+2+1). Die beiden Zahlenwerte sind Quadratzahlen von 6 und 10, diese
wiederum ergeben sich als Summe der Zahlen 1-3 und 1-4. Das Produkt 8*17
ist zu verstehen als 8*(9+8) und die Zahlen 8 und 9 als
symmetrische Entsprechungen von 2 und 1, so daß das analoge Produkt 2*3
= 6 lautet. Der Faktorenwert von 136
ist denn auch 23.
Erstellt: März
2006