Deutung des pompejanischen SATOR-Quadrats

TEIL2

Die folgenden Ausführungen von 2009 sind komplementär zur Neubearbeitung von 2012 zu sehen. Einiges an der früheren Fassung ist überarbeitet, einiges weggelassen, einiges hinzugefügt. In den Mittelpunkt der Untersuchung rückt besonders das innere SATOR-Quadrat und SERPENS – die Schlange als Äskulapsymbol.

A. Das SQ und zwei Inschriften

I. Die Inschrift unter dem Quadrat

II. Das Wort SAUTRAN

III. Die Inschrift über dem Quadrat

IV. Die Zahlenwerte der Inschriften und des SQ

V. AESCULAPIUS und das SATOR-Quadrat

VI. SANATURO NAVALE

B. Die VESTA-Buchstaben

C. Das Äskulap-Quadrat

I. Die Inschrift unter dem Quadrat

1.      Unter dem berühmten Graffito auf einer Säule in der großen Palästra von Pompeji befinden sich drei Wörter: ANO (28) SAUTRAN (89) VALE (37). Die Buchstaben ANO sind im Doppelrautenkreuz des PATER NOSTER zu lesen: A und O befinden sich auf den Querlinien, N im Mittelpunkt.

Was wie eine Anrede aussieht, ist in Wirklichkeit ein Anagramm: SAUTRAN kann zu SANATURer wir geheilt umgestellt werden. Schiebt man zwischen SANATVR und VALE die Umkehrung von ANO, lassen sich die beiden Wörter bilden:

SANATVRO NAVALE

Für den, der heilen wird, ein Hafen

Man kann an den griechischen Heilgott ASKLEPIOS, lateinisch AESCULAPIUS, denken, für den die Römer einen Kult einrichteten, indem sie 293 v.Chr. aus seinem Zentralheiligtum in Epidauros eine Uräusschlange zu Schiff in ihre Stadt holten. Da Pompeii einen Hafen besaß, sind die beiden Wörter als Einladung und Zusicherung zu verstehen, daß der Gott auch in Pompeji willkommen ist und seine heilende Tätigkeit ausüben möge. Tatsächlich wurde ihm Anfang des ersten Jahrhunderts v. Chr. neben dem Isisheiligtum ein Tempel errichtet.

2.      Das Wort ANO kann als Ablativ zu ANUSKreis, Ring verstanden werden. Mit dem Ring oder Kreis können sowohl die Geheimnisse des Doppelkreises des Tetraktyssterns gemeint sein als auch die Eingeweihten, die einen Kreis bilden. Der Urheber des pompejanischen Graffito könnte also die Mitteilung machen: Durch die Geheimnisse des Kreises möge es dir wohl ergehen.

3.      Die 14 Buchstaben der drei Wörter haben die Zahlensumme (ZS) 154 = 14*11, also den durchschnittlichen Zahlenwert (ZW) 11. Die Faktorensumme (FS) der Buchstaben beträgt 9*13 = 117. Die Buchstabenentsprechung für 11 ist das zentrale L, das die Mitte von AESCULAPIUS bildet. Der Name besteht aus 11 Buchstaben besteht und seine Zahlensumme beträgt (ZS) 121 = 11*11. Somit zeigt sich eine formale Zuordnung der 14 Buchstaben zu dem griechischen Heilgott. Mit der Schlange als seinem Symbol stimmt die Initiale S von SANAREheilen überein. Ein Anhänger des Gottes mit dem anagrammatischen Namen SAUTRAN weiß sich geborgen unter seinem Schutz.

Die ZS und FS der Vokale und Konsonanten des Grafito bilden jeweils Zahlenverhältnisse:

V 63:K 91 = 7*(9:13); V 36:K 81 = 9*(4:9).

II. Das Wort SAUTRAN

1.      Es sollte nicht verwundern, daß die 7 Buchstaben SAVTRAN einige Besonderheiten aufweisen. Einen entscheidenden Hinweis geben die 4Werte:

 

ZS

FS

sm

FW1

FW2

sm

GS

SAVTRAN

89

68

157

89

21

110

267

267 = 3*89

Der Ausgangswert 89 wird in der Gesamtsumme verdreifacht. Geometrischer Bezugsort ist die numerierte Tetraktys mit den Zahlen 1-3:

Die 4 mit 2 bezeichneten Punkte und 3 mit 3 bezeichneten Linien einer Tetraktysseite haben die Summe 8 und 9. Dies ergibt für drei Tetraktysseiten 3*(8+9) = 51. Punkte, Linien und Dreiecke seien Elemente genannt.

Die Differenzsumme 21 zwischen der FS 68 und der ZS 89 ist zu verstehen als 3*7 Elemente des Tetraktysrahmens. Die Einzelziffern der ZS 89 und der Differenzsumme 21 ergänzen sich komplementär jeweils zu 10.

Die Zahl 21 ist gleichzeitig der FW von 68. Auch zwischen diesen beiden Zahlen besteht ein Zusammenhang. Numeriert man die 10 Punkte der Tetraktys und bildet je Dreiecksseite die Summe von 4 numerierten Punkten, erhält man 68 = 4*17:

Das Verhältnis von 21 und 68 erhält man auch, wenn man die Buchstaben nach ungeraden (= Punkten) und geraden (= Linien) aufteilt:

S

 

V

 

R

 

N

68

 

A

 

T

 

A

 

21

2.      Die ersten 4 Buchstaben SAVT sind auch auf die Tetraktys zu beziehen. Die ZW der Buchstaben ST bezeichnen 18 Linien (S) und 10 Punkte + 9 Dreiecke (T) = 37 Elemente, die ZW der Buchstaben AV den 1. und 20. Punkt der beiden Tetraktys und in ihrer ZS 21 die 3*7 Elemente des Tetraktysrahmens.

III. Die Inschrift über dem Quadrat

1.      Eine weitere Inschrift befindet sich auch über dem Quadrat, wofür es (noch) keinen photographischen Bildnachweis gibt. Sie lautet zunächst SAVTRAN VA (89 22). Unterhalb dieser beiden Wörter stehen, in jeweils einigem vertikalen Abstand ein großes langgezogenes S (18) und ein Dreieck, das als Delta = D (4) gelesen werden kann. Das Dreieck ist über dem Buchstaben T im ersten Wort ROTAS zu sehen (s. oberste Grafik).

Das einzelne überdimensionierte S dürfte sich deutlich auf die Äskulapschlange beziehen.

2.      Die Buchstan VA, die sich ja auf die beiden Tetraktys beziehen, werden als VALEBleib gesund, Leb wohl gedeutet. SD bedeutet SALUTEM DICITentbietet einen Gruß. Die beiden Wünsche nebeneinander scheinen jedoch nicht recht zu passen. Doch kommt es zunächst auf die Zahlenwerte der 11 Buchstaben der oberen Inschrift an. Die ZS 132 = 12*11 ist wie die ZS 154 der unteren Inschrift durch 11 teilbar. Der durchschnittliche ZW je Buchstabe ist 12. Die ZS beider Inschriften ist daher 11*(14+12) = 286.

Das Verhältnis der beiden FS ist 117:90 = 9*(13:10).

3.      Die Zahl 286 = 2*11*13 ist zweimal die ZS der Wörter PATER NOSTER, wodurch die beiden Inschriften deutlich auf das SQ bezogen sind.

Die Zahlen 14 und 12 bezeichnen die 26 Elemente des Oktaeders, der aus 4 Rauten (11 E) bzw. 4 X-förmigen Doppeldreiecken (13 E) besteht: aus 6 Ecken + 8 Flächen und 12 Kanten (Linien).

4.      Beide Inschriften sind folgendermaßen auf das SQ ausgerichtet:

       Sie bestehen wie das SQ zusammen aus 25 Buchstaben.

       Die 5 Wörter des SQ entsprechen den 5 Durchmesser- (DM-) Elementen der Kreisachse, die zweimal drei Wörter der Inschriften den 2*3 Radialelementen:

IV. Die Zahlenwerte der Inschriften und des SQ

1.      Wie sorgfältig die Inschriften auf das SQ abgestimmt sind, zeigt sich vor allem daran, daß die ZS und FS aller 50 Buchstaben in einem Zahlenverhältnis zueinander stehen:

 

SQ

u.In.

o.In.

sm

ZS

303

154

132

589

FS

249

117

90

456

sm

552

271

222

1045

456:589 = 19*(24:31)

Dem gemeinsamen Teiler 19 entspricht der Buchstabe T, der sowohl in SATOR als auch SAUTRAN die Mitte bildet. Die Faktoren des Gesamtergebnisses 1045 sind 5*11*19.

2.      Die Verhältniszahlen bestehen aus den Ziffern 1 bis 4 und entsprechen den 4 Ebenen der Tetraktys. Aus 2 und 4 Radiallinien bestehen der Hexagonkreis und der gesamte äußere Kreis des Tetraktyssterns, sie repräsentieren das Flächenverhältnis 1:3, das hier in vertauschter Form durch die Verhältniszahl 31 wiedergegeben wird.

V. AESCULAPIUS und das SATOR-Quadrat

1.      Das oben vorgeschlagen Anagramm SANATURO NAVALE mit Bezug auf den Heilgott AESCULAPIUS muß noch näher verifiziert werden. Tatsächlich enthält die gematrische Zahlenstruktur des Wortes erstaunliche Beziehungen zum SQ:

 

ZS

FS

sm

diff.

AESCULAP-

74

46

120

28

IUS

47

23

70

24

 

121

69

190

52

Die in Gentilnamen übliche Endung –IUS wurde abgetrennt. Das ZS-Ergebnis sind die Umkehrzahlen 74 und 47. Das FS-Verhältnis der beiden Buchstabengruppen ist 23*(2:1), das Differenzverhältnis 28:24 = 4*(7:6).

Die Zahlen des internen Differenzverhältnisses zwischen FS und ZS 69:52 sind bekannt als ZW der SQ-Wörter SATOR OPERA. Auf diese Weise kommt eine hohe Identität zwischen SATOR (S) und AESCULAPIUS (A) zustande.

Die ZS und FS beider Wörter sind:

 

S

A

sm

 

ZS

69

121

190

AESCULAPIUS

FS

54

69

123

SATOR

 

123

190

313

 

Die Primzahl 313 ist eine vollkommene Darstellung der göttlichen Dreiheit in der Einheit und in der spiegelbildlichen Punkteaufteilung der DR zu erkennen:

2.       Die ZS+FS 190 ist ein wesentliches Motiv für die durch 19 teilbaren ZS und FS der drei Texte (s.o.). Die Zahl 19 bedeutet in Bezug auf die Tetraktys 10 Punkte + 9 Dreiecke. Dazu gesellt sich untrennbar die Zahl 18 als die Anzahl der Linien. Sie bilden in den Buchstabenentsprechungen ST eine religiöse Geheim- und Schweigeformel, die Cicero im Traum des Scipio als Anhang seines Werkes über den Staat (de re publica) überliefert hat.

Nun ist das besondere Attribut Äskulaps die Schlange und das S die geeignete Buchstabenentsprechung. Im Zickzackverlauf des Doppelrautenrahmens innerhalb des Tetraktyssterns hat die Schlange ihren besonderen geometrischen Ort:

Man wird also die einschlägigen Wörter mit S besonders beachten müssen. Da ist zunächst das Wort SERPENSSchlange, das wie AESCULAPIUS zwei S enthält. Die 4Werte sind:

 

ZS

FS

sm

FW1

FW2

sm

GS

SERPENS

91

64

155

20

12

32

187

AESCULAPIUS

121

69

190

22

26

48

238

 

212

133

345

42

48

80

425

91=7*13; 155 = 5*31; 187:238 = 17*(11:14)

Die innere Buchstabengruppe ERPE läßt sich auf den inneren Quadratrahmen des SQ beziehen:

Das ZS-Verhältnis der äußeren drei zu den inneren vier Buchstaben von SERPENS ist 49:42 = 7*(6:7), das entsprechende ZS+FS–Verhältnis hat die angrenzenden Werte 78:77. Eine Zahlenumkehrung, Kennzeichen für die Windungen von S und Schlange, zeigt sich in der ZS 91 = 7*13 und der ZS+FS 155 = 5*31. Die Teilerzahlen 19 (AESCULAPIUS) und 31 (SERPENS) der ZS+FS erscheinen vereint in der ZS 589 = 31*19 der 50 Buchstaben der drei Texte (s.o.).

3.       Oben wurde bereits bemerkt, daß das Dreieck über dem ROTAS-T als Delta Δ gedeutet und dem S zugehörig gedeutet wird. Beide Zeichen sind jedoch voneinander entfernt, wie die Eingagsgrafik zeigt. Der Schreiber wollte die Formel SD offensichtlich mit dem SQ und besonders mit dem T verbinden, da dieses ja auch die Mitte des Wortes SAUTRAN bildet. Es scheint, er wollte das Schlangensymbol zentral, in Alleinstellung und in angemessener Größe hervorheben und fand kalligraphisch keine angemessene Fortsetzung für das D. Andererseits lag eine gewisse Verfremdung im Interesse der wohl vorgeschriebenen Geheimhaltung, an die sich der Verfasser nicht gehalten hatte.

 

Erstellt: 2009

Letzte Änderung: September 2012

 

Einleitung SQ